Wie war das mit der Nachhaltigkeit?
Mit Avocado – ohne mich!
Neulich im Foodstore um die Ecke: Green Smoothies, Avocado Breakfast und Fairtrade Soja Latte. So oder so ähnlich begegnen einem Store-Konzepte à la nachhaltig, gesund und schnell. Schön eigentlich, endlich können wir all unseren Ansprüchen bequem gerecht werden. Zum Mittag gibt’s dann Pommes aus Pappschalen mit Papier-Besteck und mmhmm lecker: Avocado-Dip! Du siehst das Problem? Gut, denn auch wenn Nachhaltigkeits-Trends nicht abreißen - was toll ist -, sie reichen nicht aus.
Auch wenn du dich nicht bei Greenpeace engagierst, das Thema Nachhaltigkeit ist brandaktuell und Studenten kommen daran nicht vorbei. Sie mischen sogar kräftig mit: von Klamottenfasten bis hin zur bewussten Arbeitgeberwahl und dem Boykott bestimmter Lebensmittel. Und das ist auch gut so, denn die aktuellste Studie des WWF und der Universität East Anglia zeigt wieder einmal Erschreckendes: Die Hälfte aller Tier- und Pflanzenarten werden dem Klimawandel bis 2080 unterliegen. Die Folgen der Erderwärmung betreffen aber nicht nur Tiere und Pflanzen. Weltweit sind Millionen Menschen auf der Flucht, weil sich die Lebensbedingungen in ihrer Heimat durch den Klimawandel so verschlechtert haben. Und nein, nicht nur in heißen und den Küsten- Regionen der Erde wird es ungemütlich. Bodenverlust durch Hitzewellen in Spanien und Überschwemmungen durch Hochwasser in Deutschland machen sehr deutlich, dass auch Europa stark vom Klimawandel betroffen ist.
Nachhaltigkeit - was heißt das eigentlich?
Um die Folgen des Klimawandels zu minimieren und die Zerstörung unseres Lebensraums aufzuhalten, müssen vor allem die Industrieländer CO2-Emissionen einsparen, denn die meisten Treibhausgase entstehen durch massive Verbrennung von Öl und Kohle im Verkehr und in der Industrie. Außerdem ein großes Problem: die Abholzung des Waldes. Riesige Flächen werden für Palm(öl)- und Sojaplantagen durch Brände gerodet Der Wald wird damit als natürlicher CO2-Speicher vernichtet. Hinzu kommt die moderne Landwirtschaft, die zusätzlich Waldflächen abholzt und durch die Rinderzucht schädliches Methan produziert. Um die bedrohlichen Auswirkungen dieser Mechanismen zu minimieren, müssen wir vor allem eines: nachhaltiger und bewusster leben. Das bedeutet so zu leben, dass diese problematischen Prozesse nicht stärker als nötig in Anspruch genommen werden.
Gerade unter Studenten ist nachhaltiger Konsum eine wichtige Rahmenbedingung des alltäglichen Lebens geworden, und das nicht nur durch Food-Challenges oder Minimalismus-Konzepte. Die meisten wurden schon in der Schule mit dem Thema Klimawandel konfrontiert. Trotzdem scheint die Umsetzung irgendwie nicht so leicht zu sein. Zwar besitzt nur ein kleiner Anteil ein Auto und die meisten müssen allgemein sparsam leben, aber viele sind stetig verunsichert, was nachhaltiger Konsum im Endeffekt bedeutet. Denn der Anspruch ist ja der: Der Einkauf, egal ob Lebensmittel oder Klamotte oder was auch immer, soll ja nicht nur nachhaltig, sondern auch gesund und schön sein – ohne, dass es unbequem wird.
Das Avocado-Problem
Die schönsten, gesündesten und nachhaltigsten Leben finden auf jeden Fall im Internet statt. Und mit dem richtigen Abo bekommst du sie auch via Push-Benachrichtigung auf dem Servierteller vorgeführt, mit allen Tipps, damit es auch bei dir demnächst super läuft. Und das soll gar nicht zynisch klingen. Social Media bietet dir viele Vorteile, vor allem viel Inspiration. Trotzdem kann da schon einmal der Blick fürs Wesentliche verloren gehen. Deutlich wird das am Anfangsbeispiel. Der Foodstore um die Ecke bietet dir die schönsten und gesündesten Snacks aller Zeiten an und Bloggerin XY war auch schon dort und fand das Avocado-Breakfast prima. Aber so viele Vitamine und Aminosäuren auch drin sein mögen, eines ist es nicht: nachhaltig. Um der hohen Avocado-Nachfrage nachzukommen, wird immer mehr Wald abgeholzt, es wird übertrieben viel Wasser benötigt (1000L für 1Kilo Avocados!) und abgesehen davon müssen die kleinen grünen Superkräfte auch erst einmal aus Südamerika in den nächsten Supermarkt geflogen werden. Und das betrifft nicht nur die Avocado, sondern viele Güter, die gerade im Trend liegen, schön aussehen und gut vermarktet werden.
Was wirklich Sinn macht
Es wird deutlich: Der Markt an tollen Produkten quillt über und das Angebot ist riesig. Studenten haben alle Möglichkeiten und können sich an jeder Ecke von etwas noch Besserem überzeugen lassen. Wer sich aber nicht nur von schönen Food-Bowls, Marketing-Konzepten und sonstigen Trends inspirieren lassen, sondern konkret etwas tun will, der sollte vor allem überlegen, was er tatsächlich braucht und was nicht- in jeglicher Hinsicht. In Essensfragen hilft da nicht nur Instagram, sondern es tut auch der gute alte Saisonkalender. Außerdem: Plastiktüten für Obst -und Gemüse im Supermarkt? Nicht notwendig. Ein sehr schöner und nachhaltiger Trend außerdem: (virtuelle) Flohmärkte. Bevor das nächste Teil gekauft wird, dran denken: Irgendwer hat es schon im Schrank und braucht es nicht mehr. Und wer dabei nur an angestaubte Hallen und Oma-Klamotten denkt, liegt völlig falsch.
Am Ende stellt sich heraus, dass ein nachhaltiges (Studenten-)Leben dann funktionieren kann, wenn bestimmte Gewohnheiten und Einstellungen überdacht und neue entwickelt werden. Und dann geht Nachhaltigkeit auch Hand in Hand mit einem Bewusstsein für sich selbst, das sich auch auf deine Gesundheit positiv auswirkt. Damit ist es dann auch kein kurzlebiger Trend mehr, sondern: nachhaltig.
Lea Schäfer