Veränderungskrisen vermeiden
Menschen reagieren individuell unterschiedlich auf Veränderungen.
Nicht selten führen unfreiwillige Veränderungsprozesse zu Veränderungskrisen.
Doch das muss nicht sein!
Veränderung – Change – ist seit vielen Monaten ein Kernthema. Nicht nur in der Politik und in den Medien, sondern auch in den Unternehmen. Und natürlich bleiben auch wir selbst von Veränderungen nicht verschont. Je instabiler das Umfeld ist, in dem wir uns bewegen, umso höher ist die Anpassungsleistung, die wir individuell erbringen müssen.
In der Psychologie bezeichnet man die Anpassung des Verhaltens an veränderte Umgebungsveränderungen als adaptive Reaktionen. Der kanadisch-österreichische Endokrinologe Hans Selye, einer der Urväter der Stressforschung, hat die menschliche Reaktion auf Umgebungsveränderungen (Stressoren) jahrzehntelang erforscht und als „allgemeines Anpassungssyndrom“ (Veränderungskrise) bezeichnet. Ob ein Ereignis als unkontrollierbar, d.h. als Distress erlebt wird, hängt einzig und allein von der individuellen Bewertung der Veränderungs- und Anpassungssituation ab. Distress ist ein akutes Anpassungsproblem, das auf längere Sicht die Gesundheit beeinträchtigt und das Auftreten von Krankheiten begünstigt.
Jeder Mensch reagiert unterschiedlich stark auf die durch die Veränderungen hervorgerufenen Verschiebungen der individuellen Bedürfnisse und Wünsche. Nicht jede Veränderung verursacht Stress und nicht jede Veränderung ist negativ. Wenn wir individuell lernen wollen, mit Veränderungen entspannter umzugehen, sollten wir auf zwei Punkte achten
1. Selbst- oder fremdbestimmt?
Freiwillig hervorgerufene Veränderungen verursachen in der Regel keinen negativen Stress, sondern im besten Fall Vorfreude und Motivation. Wir wollen die Veränderung, daher nehmen wir Verschiebungen in unserem Leben freiwillig in Kauf. Wird die Veränderung jedoch unfreiwillig von außen an uns herangetragen – zum Beispiel durch eine nicht bestandene Prüfung oder eine Kündigung – dann verursachen diese Veränderungen im Regelfall deutlichen Stress. Wir wollen die Veränderung nicht, wir haben sie vielleicht nicht einmal erwartet – und nun müssen wir uns gegen unseren Willen anpassen. Daher prüft in jeder Veränderungssituation, ob der Change freiwillig oder unfreiwillig hervorgerufen wurde. Jede unfreiwillige Veränderung sorgt für Distress
2. Belastung oder Beanspruchung?
In Veränderungssituationen – auch unfreiwilligen – sollten wir zusätzlich noch eine weitere Unterscheidung vornehmen. Es ist nämlich wichtig zu schauen, ob durch die Veränderung eine Belastung oder „nur“ eine Beanspruchung entsteht. Unter einer Belastung versteht man Einflüsse von außen, die langfristig psychisch auf uns einwirken. Demgegenüber sind Beanspruchungen kurzfristige Belastungszustände. Schwerer wiegen langfristige Belastungen. Sie verursachen Distress und machen dauerhaft krank.
Mit jeder Veränderung – egal ob freiwillig oder unfreiwillig hervorgerufen – gerät unser vertrautes Umfeld in Unordnung. Nicht selten verändert sich dabei auch die berufliche und private Zukunftsplanung. Lebens- und Karriereplanungen sind heute nicht mehr geradlinig, sondern dynamisch. Erfolg im Beruf ist heute stark davon abhängig, wie sehr wir uns selbst um unsere Qualifikationen und um unser Fortkommen kümmern. Pflegen wir nicht eigenverantwortlich unsere Employability, können wir ins Hintertreffen geraten und unsere individuelle Wettbewerbsfähigkeit verlieren.
Damit das nicht passiert, wird das persönliche Anpassungsmanagement immer wichtiger, denn wir müssen stärker als bisher lernen, berufliche Ungewissheiten zu managen, Mehrdeutigkeiten auszuhalten, Komplexitäten zu reduzieren und mit der Dynamik unserer Welt konstruktiv umzugehen. Diese Anpassungsprozesse sind – bei allem damit vorhandenen Stress – immer auch individuelle Lern- und Entwicklungsprozesse. Es gibt vier Gründe, die Anpassungskrisen hervorrufen können:
1. Angst:
Veränderungen können Angst machen. Damit dieser Zustand nicht chronisch wird, fragt Euch: „Was brauche ich, damit ich wieder Sicherheit empfinden kann?“
2. Mangelnde Erfahrung:
Je älter wir sind, umso besser können wir im Regelfall mit Veränderungen umgehen. Wir haben genügend Kompetenzen und Erfahrungen gesammelt, die uns helfen, in neuen Situationen Ruhe zu bewahren. Sucht daher immer wieder neue Erfahrungen, lernt und bildet Euch weiter.
3. Verlust der Komfortzone:
Jede Veränderung reißt uns aus der Komfortzone. Bei freiwilligen Veränderungen fällt uns das meistens nicht auf – bei unfreiwilligen schon. Gerade in diesen Situationen stellt Euch daher die Frage: „Was bleibt?“. Im Bewusstmachen dessen, was bleibt, erlangt Ihr Stabilität.
4. Fehlendes Vertrauen:
Veränderungen fallen dann besonders schwer, wenn wir nicht in uns selbst, unser Umfeld, unseren Arbeitgeber oder unsere Führungskräfte vertrauen. Fehlendes Vertrauen führt sehr schnell zu Angst – daher stellt Euch hier die Frage: „Was brauche ich, um wieder Sicherheit und/oder Vertrauen empfinden zu können?“
Der Text ist in Teilen ein Auszug aus dem Buch von Melanie Vogel „Futability® – Wie Sie Veränderungen und Transformationen bewältigen und selbstbestimmt gestalten“.