Wir alle kennen das: In Studium oder Weiterbildungen lernen wir unzählige Methoden und bekommen diverse „How-to-Anleitungen“. Aber mal ehrlich: Wie viele davon wenden wir wirklich an? Ich kann sie an einer Hand abzählen. Darunter ist eine Methode, die ich allerdings fast täglich nutze. Sie ist mein heiliger Gral, meine Allzweckwaffe für den perfekten roten Faden (Storyline): der „Golden Circle“ von Simon Sinek. Manchen meiner KollegInnen und KundInnen schwärme ich so oft davon vor, dass sie es vermutlich nicht mehr hören können. Aber bisher habe ich sie noch alle überzeugt!
Doch beginnen wir von vorne: Es war einmal ein Ted Talk von Simon Sinek im Jahr 2010 (old but gold). Da begann meine Schwärmerei (Link siehe Quelle).
Sinek erklärt in dem Talk den Unterschied zwischen inspirierenden Führungskräften/ Unternehmen und solchen, die eben nicht inspirierend sind. Für mich ist daran besonders interessant: Er geht auch darauf ein, wieso die Inspirierenden anders kommunizieren – und zwar klarer, verständlicher, überzeugender. Als Beispiel wählt er Apple, da das Unternehmen, seiner Meinung nach, das Prinzip „Simple to use and easy to understand“ erfunden hat.
Sinek geht an ein Whiteboard und zeichnet drei Kreise, einen kleinen in der Mitte und jeweils zwei größer werdende Kreise außen herum. In den kleinen Kreis schreibt er „WHY (Warum)“, in den mittleren „HOW (Wie)“ und in den äußeren „WHAT (Was)“. Keine Sorge, ich werde euch jetzt nicht das ganze YouTube-Video schriftlich wiedergeben. Schaut es euch gerne selber an (siehe Quelle). Seine Quintessenz: Apple startet bei allem, was sie sagen, definieren oder tun, mit der Frage nach dem „Warum“. Sei es für die Definition der Unternehmensziele, der Vision oder der Entwicklung ihrer Produkte.
Die Kernfragen, die ihr euch bei jedem Aspekt stellen müsst, lauten:„Warum machen wir das hier?“ „Was ist unsere Motivation?“ „Warum steigen wir morgens aus dem Bett?“ „Was ist da für uns und vor allem für jedes Individuum drin?“ Und aus Erfahrung kann ich euch sagen: Mehr Umsatz, mehr Deckungsbeitrag, höhere Effizienz oder mehr Flexibilität holen keinen wirklich hinter dem Ofen hervor. Sinek sagt dazu treffend: ”It is a result. It is always a result”, aber kein Grund zu existieren. Das „Warum“ von Apple ist: ”In everything we do, we believe in challenging the status quo”.
Im zweiten Schritt beschreiben wir das „Wie“: „Wie gehen wir konkret vor?“, „Wie wollen wir unser Warum zum Leben erwecken?“ Es geht vor allem darum, konkret zu erklären, welche Methoden angewendet werden, welche Vorgehensweise gewählt wird oder auch um die detaillierte Beschreibung, wie wir ein Projekt angehen (in Phasen, aufgeteilt nach Themen, agil/Wasserfall usw.).
Erst im letzten Schritt steigen wir tiefer ein in das „Was“: „Was machen wir genau?“ „Welche Themen bearbeiten wir?“ „Welche Aufgaben haben wir?“
In der Realität wird allerdings selten genau in dieser Reihenfolge vorgegangen. So wird laut Sinek meistens Marketing und Vertrieb betrieben, indem nur das „Was“ erläutert wird. „Wir bieten die tollsten Sitze, das cleverste Navi, den stärksten Motor. Kauft das Auto.“ Warum ist das so? Menschen neigen zu Aktionismus. Direkt die Dinge anpacken und lösen. Nicht selten erlebe ich in der Kommunikation von Managern, dass sie vorrangig darauf eingehen, was das Ziel ist, was jetzt zu tun ist und welche Schritte unternommen werden, um das Ziel zu erreichen. Aber warum genau dieses Ziel? Und was haben wir davon? Es machen sich nicht alle die Mühe, genau das verständlich zu klären und zu erklären. Und noch weniger Manager kommunizieren die verschiedenen Ebenen. Damit meine ich: „Warum ist das gut für das Unternehmen, für unsere Abteilung und konkret für dich als Einzelperson mit deinem Aufgabengebiet?“ Wenn ich das schaffe, erreiche ich eine deutlich höhere Motivation und ein größeres Engagement meiner Mitarbeitenden und KollegInnen.
Praktische Anwendung und Tipps
Das Schöne an der Golden-Circle-Methode: Sie ist universell einsetzbar. Ich nutze sie beinahe täglich für:
- Steuerkreis- und Gremienpräsentationen
- Vorträge
- Infodeck-Präsentationen (eine Maßnahme, die ich in Projekten oft umsetze: ein Projekt(-thema) auf maximal 10 Folien mit den wichtigsten Infos zusammengefasst. 1-2 Folien zum „Why“, 2-3 zum „How“, 3-4 zum „What“)
- Storyboards für Videos, zum Beispiel Simple Show (Erklär-)Videos
- Storylines für Podcasts oder Interviews
- Erklärung/Tieferlegung von Management-Entscheidungen an Mitarbeitende
Ich will ehrlich sein: Vor allem das „Warum“ zu definieren ist die Königsdisziplin. In Workshops tendieren die Teilnehmenden häufig dazu, erst mit dem offensichtlichen „Was“ oder „Wie“ zu starten. Es braucht also klare Fokussierung und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die ein oder andere Schleife, bis alles sitzt und auch das „Warum“ entsprechend definiert ist. Außerdem empfehle ich, sich immer Feedback von einzelnen Personen der Zielgruppe einzuholen und zu prüfen, ob die Storyline ankommt und verständlich ist.
Wir merken uns: Der Golden Circle ist eine Methode zur Entwicklung des roten Fadens in Argumentationen und Präsentationen. Dabei starten wir immer mit dem Warum, denn wir möchten inspirieren und motivieren.
Viel Spaß dabei!
Quelle: YouTube. Ted Talk Simon Sinek (2010): How great leaders inspire action. Start ab Minute 1:38 https://youtu.be/qp0HIF3SfI4