Das Knäuel entwirren oder
die Kraft des ersten Schritts
Kennen Sie Situationen, in denen Sie vor einem
solchen Knäuel stehen und nicht wissen,
wo Sie anfangen sollen?
Woran ich mich besonders freue, wenn ich Seminare gebe, sind die Aha-Erlebnisse der Teilnehmenden. Erstaunlicherweise sind es meistens die ganz besonders simplen Sachen aus dem bunten Methoden-Strauß, die die größte Wirkung entfalten.
Eines der effektivsten Mittel, Projekte voranzubringen ist, den ersten Schritt festzulegen. Das ist eine Binsenweisheit und doch tun es die wenigsten. Die meisten Menschen schreiben sich Projekte auf ihre To-do-Listen, die zum einen zu groß sind, um sie auf einmal abzuarbeiten, und für die zum anderen erst noch die Voraussetzungen geschaffen werden müssen, bevor sie angegangen werden können.
Und was ist jetzt mein nächster Schritt? Unser Unbewusstes, das ja ein bisschen mehr Information zur Verfügung hat als der Verstand, sortiert diese Aufgaben meistens aus, ohne dass wir es merken. Sie bleiben deshalb viel zu lange zäh auf der To-do-Liste hängen. Auf einer unbewussten Ebene ist uns nämlich bereits klar, dass wir diese Aufgabe noch nicht erledigen können, z. B. weil noch eine Information, eine Fähigkeit oder das Material dazu fehlt. Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, um loszulegen, und das Projekt trotzdem nicht vorwärtskommt, liegt das meistens daran, dass die Leute nicht wissen, wo sie anfangen sollen. Das Projekt kommt ihnen vor wie ein riesiges unentwirrbares Knäuel.
Ihnen ist dann vielleicht halb bewusst, dass sie das Projekt irgendwie besser planen müssten und sie glauben dann, sie müssten einen kompletten Projektplan erstellen – alles durchgeplant von Anfang bis Ende. Doch meistens ist das überflüssig. Oft reicht es aus, eine kurze Projektskizze schriftlich festzuhalten, um sich grob Klarheit über die wichtigsten Bestandteile oder Phasen eines Projekts zu verschaffen, und dann den ersten – und nur den ersten – Schritt festzulegen und aufzuschreiben.
Für alle Projekte den ersten bzw. nächsten Schritt schriftlich festzuhalten, stellt sicher, dass sie weiter vorangetrieben werden.
Viele Alltagsprojekte folgen einem natürlichen, logischen Ablauf. Es ist deshalb gar nicht nötig, schon alle weiteren Schritte festzulegen. Sie ergeben sich ganz automatisch aus dem ersten Schritt, selbst wenn wir uns zu dem Zeitpunkt, da wir ihn festlegen, noch gar nicht darüber im Klaren sind, wie es danach weiter gehen soll. Wichtig ist dabei nur, die Kette nicht abreißen zu lassen und sich nach dem ersten Schritt wieder zu fragen: Und was ist jetzt mein nächster Schritt? So kommen auch große Projekte Stück um Stück voran. Den ersten Schritt festzulegen, das ist der Faden, an dem man ziehen kann, um das Knäuel zu entwirren.
Wenn Sie allerdings grübelnd vor Ihrem Knäuel sitzen, tut sich – nichts.Und was ist, wenn ich am falschen Faden ziehe? In den meisten Fällen ist das Schlimmste, das passieren kann, dass man ein wenig Zeit verliert. Wenn es nicht der richtige erste Schritt war, werden Sie das in der Regel schnell bemerken und Ihnen wird durch das Tun klar, was stattdessen der richtige erste Schritt wäre. Wenn Sie allerdings grübelnd vor Ihrem Knäuel sitzen, tut sich – nichts. Mehr Klarheit entsteht in solchen Fällen durch Tun, nicht durch Nachdenken.
Eine Teilnehmerin berichtete mir neulich ein paar Wochen nach dem Seminar, dass für sie die wichtigste Lernerfahrung war, immer einen ersten Schritt festzulegen. Seitdem geht sie Aufgaben, die vorher lange liegen geblieben waren und die sie – so ihre Worte – „bäbä“ fand, tatsächlich an.