Die Krise kann uns mal!
So führst du dich erfolgreich durch jede Krise.
Krisen gab es und wird es auch immer geben. Oft sind sie schleichend und manchmal prallen sie ad hoc auf uns ein, wie die Corona-Krise. In jeder Krise steckt eine eigene Geschichte und jeder Mensch durchläuft sie mit unterschiedlichem Ausmaß und Auswirkungen.
Dennoch gibt es ein verbindendes Element, eine Struktur, die jeder Krise immanent ist: die Krisenkurve. Egal, ob Krise oder Veränderung, immer gelten die vier Phasen der Krisenkurve – sowohl wirtschaftlich als auch menschlich. Nicht nur das Drehbuch der Wirtschaftlichkeit folgt bestimmten Phasen, auch die menschliche Ebene will Beachtung finden.
In diesem Artikel zeige ich dir die verschiedenen Phasen der menschlichen Krisenkurve, damit du künftig besser damit umgehen kannst, nach dem Motto: „Die Krise kann uns mal.“
Phase 1: Verneinung
Von der Coronapandemie wurden wir alle eiskalt erwischt. Doch zunächst verneinen wir das schreckliche Ereignis. Erinnerst du dich, wir dachten, ‚ach China, das ist weit weg, und auch als die Pandemie in Italien angekommen war, fühlten wir uns nicht betroffen. Das änderte sich schnell mit dem ersten Lockdown. Krisen wie auch andere größere und kleinere Veränderungen starten immer mit der Konfrontation mit einer neuen Situation, die große Unsicherheit und starke Emotionen auslöst. Als Betroffener fühlen wir uns wie gelähmt. Dieser Zustand, der emotional durch Verwirrung und eine Art Schockstarre gekennzeichnet ist, ist die Phase der Verneinung. Das einwirkende Ereignis wird schlichtweg abgelehnt. Typische Aussagen in dieser Phase sind: „Das glaube ich nicht. Wir haben es doch bisher immer richtig gemacht.“ Oder: „Das stimmt doch gar nicht. So ein Quatsch, das zieht an uns vorbei.“ Solche Reaktionen zeigen die Angst, gewohnte Strukturen und Vertrautes zu verlassen. Als Antwort werden Anstrengungen im alten Muster verdoppelt, ohne dass sie zu brauchbaren Ergebnissen führen. So wie der Lift nicht schneller kommt, wenn man den Knopf immer und immer wieder drückt.
Phase 2: Einsicht
In der zweiten Phase nimmt unser Realitätsbewusstsein zu. Die ersten Auswirkungen lassen sich nicht mehr ignorieren. Diese neue Situation und deren Konsequenzen werden schrittweise akzeptiert. Wir erkennen mehr und mehr, dass die Ablehnung gegenüber dem Offensichtlichen und der daraus resultierenden Krise nicht den gewünschten Erfolg bringt und dass der Wandel unvermeidbar ist. Üblicherweise werden zuerst nur oberflächliche Veränderungen und kurzfristige Lösungen gesucht. Wir denken zunächst, ‚das vergeht wieder‘ ‚bald haben wir unser altes Leben zurück‘. Erst nach der rationalen Akzeptanz folgt die emotionale. Trauer zieht ein. Wir begreifen und fühlen den großen Wandel. Hier sinkt die Einschätzung der eigenen Kompetenz auf den Tiefpunkt. Schnell ist das Repertoire des Handelns erschöpft. Typische Sätze hier sind: „Jetzt habe ich doch wirklich alles versucht, ich weiß nicht weiter.“ Oder: „Ich schaffe das nicht.“ Das Selbstbewusstsein ist am absoluten Tiefpunkt. In dieser Phase können wir uns mit Selbstdisziplin, Selbsterkenntnis, Selbstvertrauen und Selbstfürsorge Schritt für Schritt aus dem Tal der Tränen führen.
Phase 3: Aufbruch
Phase 3 ist die Phase des Annehmens. Erst in dieser Phase kannst du „ja“ zur Krise und den damit verbundenen Veränderungen sagen. Du fängst an, mit der Situation konstruktiv umzugehen, und dabei entwickelst du auch Neugier auf das Neue und die damit verbundenen Handlungen. Anspannung und Angst sind gewichen, die Trauer ist so weit bewältigt, dass erste Ideen entwickelt werden können und wir auch wieder offen für Vorschläge sind. In dieser Phase beginnen wir neue Fähigkeiten und Lösungen auszuprobieren. Hier habe ich angefangen, das Buch „Die Krise kann uns mal“ zu schreiben und Keynotes wie Trainings auf online umgestellt. Der Prozess des bewussten Lernens schreitet voran. Durch Erfolge und Misserfolge lernen wir, uns auf das Neue und Ungewisse einzulassen. Eines der wichtigsten Prinzipien dieser Phase ist die Fehlererlaubnis. Erlaube dir ausdrücklich, Neues auszuprobieren, um deinen Lernmodus zu begünstigen. Geduld und Ausdauer sind wichtig, neues Lernen braucht seine Zeit. Es tritt die Erkenntnis ein, dass die Veränderung auch etwas Gutes hat.
Mit dem Aufbruch verlassen wir endgültig die Tiefen des Tals der Tränen. Er ist das Drehmoment in der Krisenkurve und im weiteren Fortschreiten zwischen Ausprobieren und Scheitern kommt es in Phase 4 zu Erfolgen.
Phase 4: Erfolg
Unser Handlungsspektrum hat sich inzwischen erweitert. Erfolge stellen sich ein und damit auch die Erkenntnis, wann neue Handlungen angemessen sind und wo die alten Handlungsmuster noch Platz haben. Das neue Verhalten wird von uns vollständig in den Alltag integriert und als selbstverständlich betrachtet. Die Bedeutung der Krise und der damit verbundenen Veränderungen für die persönliche Entwicklung wird erkennbar, und die neue Energie beginnt langsam Früchte zu tragen. Aus dieser Energie entwickeln sich deine Produktivitätssteigerung, persönliche Weiterentwicklung und Zufriedenheit. Das neue Verhalten wird zur angenehmen Gewohnheit.
Nachdem ich das letzte Jahr circa 40 Online Keynotes gehalten habe, stellt sich das als ‚New Normal‘, als neue Gewohnheit für mich ein. Und glaube mir, ich hatte große Herausforderungen beim Lernen damit. Vor den großen Erfolgen bin ich oft auch gescheitert: 400 Teilnehmer, kein Ton. Die Technik klappt nicht, ich war supernervös. Doch ich habe mich nicht entmutigen lassen.
Das Leben ist ein Auf und Ab – und das gilt für Menschen wie auch für Unternehmen als lebendige Organisationen. Die Krisenkurve wird nicht statisch durchlaufen. So kann es sein, dass wir das Tal der Tränen nahezu durchschritten haben und nun folgen neue negative Ereignisse, wie zum Beispiel eine Mutante des Virus oder die Verlängerung des Lockdowns, die uns erneut in die Verneinung bringen. Die Kurve beginnt von neuem.
Eines ist sicher: Krisen wird es immer geben, das „Stirb und werde“ ist normal. Wenn wir einen hohen Reifegrad erlangt haben, die Krisenkurve kennen und verstehen, können wir es schaffen, flexibler zu reagieren und vielleicht auch schneller mit Krisen umzugehen.