Der erste Job nach dem Studium ist meistens eine echte Herausforderung: Vielleicht bist du umgezogen, hast noch wenige Freunde und alles ist neu. Selbst, wenn du im Heimatort geblieben bist, kann es sein, dass das Aufgabenspektrum, die vielen Kolleginnen und Kollegen und Erwartungen von allen Seiten dich ganz schön ins Schleudern bringen. Vielleicht quälen dich auch nachts Gedankenschleifen. Falls dir das bekannt vorkommt, kann ich dich beruhigen und zugleich ermutigen, dagegenzusteuern. Beruhigen, da dies vielen Berufseinsteigern so geht. Neue Strukturen, unklare Zuständigkeiten, Aufgaben, die nicht leicht von der Hand gehen, unendliche Meetings – kein Wunder, dass einem da der Kopf schwirrt.
Karriere- und Lebenstipp Nr. 1
Gewinne Klarheit für dich:
Verschaffe dir einen Überblick, woher das Gefühl der übermäßigen Anstrengung kommt. Teile ein Blatt in drei Kategorien:
- Das läuft schon richtig gut.
- Da sind noch Support und Veränderung notwendig
- An diesen Stellen habe ich noch echte Bauchschmerzen.
Freu dich als Erstes über das, was richtig gut läuft. Das ist großartig für den Einstieg. Darauf kannst du aufbauen!
Dann überlegst du, welche Handlungsmöglichkeiten du an den Stellen hast, an denen etwas nicht rund läuft. Hilft ein fachliches Gespräch, benötigst du einen Blue-Print, wäre ein Mentor für dich hilfreich oder möchtest du Gespräche führen, die zum Beispiel das kollegiale Miteinander oder Meeting-Strukturen betreffen? Dafür bereitest du dich am besten schriftlich vor, so kannst du die Gedanken sortieren und mögliche Vorwürfe als Bedürfnisse formulieren.
Die Vorbereitung könnte so aussehen:
- Was brauchst du noch, um persönlich anzukommen?
- Was würde dir helfen – welchen Support benötigst du konkret?
- An welchen Stellen brauchst du Feedback, um deine Arbeitsweise zu verbessern?
- Was würdest du dir sonst wünschen, damit es dir gut geht?
Karriere- und Lebenstipp Nr. 2
Überprüfe dein Kommunikationsverhalten
Betrachte das Kommunikationsverhalten in deinem Arbeitsbereich. Viele Dinge liegen oft daran, dass nicht klar und effektiv kommuniziert wird. Viele Missverständnisse basieren auf fehlender Klarheit. Überlege an dieser Stelle, was du selbst verbessern kannst. Manchmal fragen wir nicht genug als Neuling im Job, da wir denken, „das müsste ich doch wissen“. Dabei erwarten die anderen, dass man Fragen stellt und auf sie zukommt, wenn man etwas nicht weiß.
Karriere- und Lebenstipp Nr. 3
Arbeite an deiner Resilienz
Resiliente Menschen zeichnen sich dadurch aus, dass sie Stress und Herausforderungen besser wegstecken als andere. Das heißt nicht, dass sie keine Probleme haben, aber sie haben einen guten Umgang damit im Leben gefunden und das kann man trainieren. Fürs Berufsleben ist Resilienz ein wichtiger Faktor. Denn in der Zeit des ständigen Wandels ist der Umgang mit Unsicherheit und Unvorhersehbarem an der Tagesordnung.
Selbstcheck:
Auf einer Skala von 1-10 – wie hoch würdest du deine Resilienz einordnen? Wobei 1 und 10 bedeuten: 1 = Krisen sind meine Achilles-Ferse, damit kann ich wirklich schlecht umgehen, ich bin schnell gestresst; 10 = ich bin tiefenentspannt, mich haut nichts so leicht um.
Liegst du auf der Skala im unteren Bereich, ist es gut, an deiner Resilienz zu arbeiten. Das Modell der sieben Säulen der Resilienz der Psychologin Ursula Nuber ist dabei sehr hilfreich:
Die sieben Säulen der Resilienz
- Gesunder Optimismus
- Akzeptanz
- Lösungsorientierung
- Bindung und Netzwerkorientierung
- Selbstfürsorge
- Verantwortung übernehmen
- Positive Zukunftsplanung
Erste Säule: gesunder Optimismus
Es geht nicht darum, eine toxische Positivität zu entwickeln, sondern zu erkennen, warum das Glas halb voll und nicht halb leer ist. Die Fragen: Was läuft bereits gut? Wo liegen Chancen? Wie würde ein Optimist die Situation beurteilen? kannst du regelmäßig in deinen Arbeitsalltag einfließen lassen. Auch ein kurzer Tagesrückblick: Was ist heute positiv verlaufen und was war mein Beitrag dazu, ist besonders förderlich für ein Gefühl der Selbstwirksamkeit und für einen gesunden Optimismus.
Zweite Säule: Akzeptanz
Nimm dir folgendes Zitat von Reinhold Niebuhr zu Herzen: […] gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden. Das ist das Mantra der Akzeptanz. Ein weiteres Tool, das ich dir empfehlen kann, ist der Circle of influence von Stephen Covey – er zahlt auf das Erlernen von Akzeptanz ein.
Dritte Säule: Lösungsorientierung
Eine aktive Ziel- und Lösungsorientierung geht mit dem Zukunfts- und Gestalterblick einher und ist in herausfordernden Situationen ein wahrer Resilienz-Booster. Egal, ob du eine Tabelle mit Lösungsideen anlegst, ob du smarte Ziele formulierst oder ob du dir ein Flipchart mit Post-ist als Meilensteine malst, wichtig ist die Orientierung vom Problem zur Lösung.
Vierte Säule: Bindung und Netzwerkorientierung
Gemeinschaft und ein gutes Miteinander sind wichtige Grundbedürfnisse aller Menschen. Es lohnt sich also, in Beziehungen zu investieren. Neue Freunde zu suchen, mit den Kolleginnen und Kollegen die Mittagspause zu verbringen und Anknüpfungspunkte zu finden, ist gut für dich und für deine Laune. Auch ein Sportverein in einer neuen Stadt oder ehrenamtliches Engagement helfen dir, nicht nur Bindungen aufzubauen, sondern auch für den Ausgleich von der Arbeit zu sorgen.
Fünfte Säule: Selbstfürsorge
Nimm dir Zeit für dich. Lerne dich und deine Bedürfnisse so gut wie möglich kennen, sorge für dich und sei nett und nicht zu streng zu dir selbst. Erinnere dich daran, dass du alles so gut, wie möglich machst und dass du gut so bist, wie du bist. Sorge für genug Abstand von der Arbeit, für gesunde Ernährung und körperlichen Ausgleich. Schon ein Spaziergang in der Sonne hilft, wieder Energie zu tanken.
Sechste Säule: Verantwortung übernehmen
Übernimm Verantwortung für dich und dein Handeln. Wenn du dich nicht wohl fühlst, sprich drüber und versuche Ideen zu finden, wie es besser gehen kann. Gehe nicht in die Opferrolle und suche nicht die Schuld bei anderen. Ändern kannst du nur dich selbst, nicht die anderen. Mit dieser Haltung wirst du viel resilienter, da du selbst entscheiden kannst, wofür du dich einsetzt, was dir wichtig ist und wo du dich lieber zurückhältst.
Siebte Säule: Positive Zukunftsplanung
Diese siebte Säule ergibt sich fast von selbst aus den anderen Säulen. Wenn du Verantwortung übernimmst und nach Lösungen suchst, bist du bereits in Richtung Zukunft unterwegs. Wenn du dann noch deine Stärken kennst und diese einsetzt, spürst du Selbstwirksamkeit. Diese beflügelt und gibt dir Energie und Leichtigkeit.
Wenn du jetzt merkst, „hui, beim Thema Resilienz ist etwas im Argen bei mir“, keine Sorgen. Es gibt Kurse, die sogar von den Krankenkassen unterstützt werden, Literatur und viele kleine Übungen, die dir helfen, Resilienz zu erlernen. Auch Yoga, Achtsamkeit und Freizeitausgleich in der Natur zahlen auf deine Resilienz ein.
Ich wünsche Dir viel Freude im neuen Job und vergiss nicht: Zwar ist aller Anfang schwer, doch wohnt auch jedem Anfang ein Zauber inne.