Im Ehrenamt gibt es (fast) kein Geld –
die erworbenen Soft Skills sind aber auf keinen Fall umsonst.
Im Bewerbungsprozess sind sie sehr gefragt und auch wir Karriereexperten sprechen ihnen in unserer Beratung eine immer größer werdende Bedeutung zu: Die Rede ist von den sogenannten Soft Skills. Doch was verstehen wir eigentlich unter Soft Skills und wie kann das Ehrenamt seinen Teil dazu beitragen, uns in den „weichen Fähigkeiten“ weiterzubilden?
Soft Skills werden ganz konkret benannt, wie z.B. kommunikative Kompetenz, Selbstbewusstsein, Einfühlungsvermögen, Teamfähigkeit, Kritikfähigkeit, analytische Kompetenz, Vertrauenswürdigkeit, Selbstdisziplin/Selbstbeherrschung, Neugierde, Konfliktfähigkeit oder Durchsetzungsvermögen, um einige davon zu benennen. Nicht so einfach greifbar ist die Bestimmung, wer in welchem Maß diese Soft Skills besitzt. Das liegt daran, dass die Soft Skills eher auf der emotionalen und kommunikativen Ebene angesiedelt sind und daher schlecht messbar sind. Es ist eher ein Gefühl, das Ihnen z.B. sagt: Erfolgreiche und beliebte Menschen haben das „gewisse Etwas“. Und damit liegen Sie schon ganz richtig. Dieses Etwas heißt „Soft Skills“ und meint Fähigkeiten, die über fachliches Wissen hinausgehen, aber trotzdem in der modernen Arbeitswelt unverzichtbar sind. Soft Skills zu haben oder sie eben nicht zu haben, hat auch viel damit zu tun, wie wir uns sehen und mit welchem Selbstbild wir uns identifizieren.
Halte ich mich für schüchtern, werde ich mich nicht mit einer „Durchsetzungsfähigkeit“ brüsten können. Bin ich schnell verletzt und eingeschnappt, dann ist es mit meiner Kritikfähigkeit nicht weit her. Viele unserer Eigenschaften bringen wir aus unserer Jugend und Kindheit schon mit. Je nachdem, welchen Rollen wir nachgeeifert haben. Hatten wir einen dominanten Vater? Eine eingeschüchterte Mutter? Etliches ist angelernt und in Seminaren oder Coachings können wir mit professioneller Hilfe an unseren „Schwächen“ arbeiten.
Doch gibt es noch eine Alternative zu teuren und zeitintensiven Trainings: „Die Schule des Lebens“ vermag uns nicht nur Schwächen anzutrainieren, wir können mit den Herausforderungen, denen wir als Erwachsener im Alltag und im Berufsleben konfrontiert sind, durchaus aus unseren gewohnten Verhaltensweisen aussteigen und unsere gewünschten „Soft Skills“ erwerben oder ausbauen. Jederzeit und nicht nur in Kursen können wir lernen, immer kommunikativer, selbstsicherer und erfolgreicher zu werden.
Als junger Mensch kommen hier vor allem die in unserer Gesellschaft unverzichtbaren Ehrenämter ins Spiel. Hier gehen wir in die Lehre, wenn es darum geht, das Miteinander und das Aufeinander zugehen zu üben. Im Ehrenamt sind wir zumeist in eine vorhandene Gemeinschaft eingebunden. Egal, ob wir am Schulpatenprogramm teilnehmen, kranken Menschen helfen oder uns im Tierheim engagieren, immer sind wir im Verbund eines Teams, in dem es gilt, seinen Platz zu finden. Bei meinem Einsatz für andere muss ich mich aus meiner Komfortzone herausbewegen, meine Verhaltensweisen ändern, um Teil des Teams sein zu können, und habe so die Möglichkeit, mich stetig weiterzuentwickeln.
Es gibt zahllose unterschiedliche Aufgaben im Ehrenamt, die jede für sich unterschiedliches Potential dafür bietet, über sich selbst hinaus zu wachsen. Bei der Flüchtlingsbetreuung oder als Gruppenleiter in der Jugendarbeit bin ich völlig unterschiedlichen Anforderungen ausgesetzt, die dazu führen, dass Fähigkeiten wie Einfühlungsvermögen, Belastbarkeit und Geduld herausgebildet werden. Auch die Übernahme von Verantwortung in einem Verein, z.B. als Kassenprüfer, Schriftführer oder Vorsitzender, ist ein guter Vorgeschmack auf zukünftige Aufgaben in einer Position mit Verantwortung für Mitarbeiter oder das Budget des Unternehmens.
Doch auch die sozialen Fähigkeiten werden immer mehr in den Firmen gefragt. Menschlichkeit und Emotionale Intelligenz sind die Schlagwörter, die man immer wieder liest, wenn es darum geht, sich Führungsqualitäten anzueignen. Konflikte und Reibereien unter den Kollegen oder zwischen den Führungsebenen kosten die Firmen Geld. Der Prozess der Neubesetzung einer Stelle ist zeit- und kostenaufwändig. Immer häufiger erkennen die Chefetagen, dass mehr Menschlichkeit im Unternehmen zu weniger Krankmeldungen und zufriedeneren Mitarbeitern führt, die gerne und motiviert für die Firma arbeiten.
Das Ehrenamt bietet ein weites Übungsfeld, um in den verschiedensten Bereichen wie z. B. bei der Betreuung älterer Menschen, als Mitglied bei der freiwilligen Feuerwehr, in der Schule, im Kindergarten, bei der Bildungsarbeit, im Umweltschutz oder Tierschutz, in der Politik, in der Kirche oder bei Unfall- und Rettungsdiensten durch den eigenen Einsatz und das freiwillige Engagement auf den Beruf vorbereiten zu können. Schier unerschöpflich sind die Möglichkeiten, um seine Stärken heraus zu kitzeln und sich in Selbstreflexion und persönlicher Entwicklung zu üben. Für jeden findet sich das richtige Ehrenamt. Wichtig ist, dass die Aufgabe auch Freude macht und ein echtes Interesse an der Tätigkeit vorhanden ist. Denn: Von den geringen Vergütungen, wie Ehrenamtspauschalen und Vergünstigungen abgesehen: Das Ehrenamt wird nach wie vor unbezahlt bleiben, so dass man die anhaltende Motivation für ein soziales Engagement nie aus einem „ich muss das machen“ herausziehen kann.
Doch wer eine Aufgabe gefunden hat, die zu ihm passt, kann wertvolle Erfahrungen für das spätere Leben sammeln, Kontakte knüpfen, Neues lernen und stolz auf sich sein. Bei vielen sozialen Projekten hat man außerdem die Möglichkeit, sich Know-how und Fachwissen in Bereichen aufzubauen, die man im späteren Beruf wiederverwenden und damit den Lebenslauf deutlich aufpeppen kann.
Unser Fazit: Wenn man einen Schritt „raus aus der Box“ tun will, bietet sich das Ehrenamt wunderbar an. Es ist immer eine Win-win-Situation und kann ganz nebenbei aus der schüchternen grauen Maus, einen schillernden Löwen machen.
Katrin Riediger und Walter Feichtner
Karrierecoach München