Unternehmenskultur im Wandel
Ziel dieses Artikels ist, Verständnis für beide Seiten – Unternehmen und Mitarbeitende zu schaffen, denn eine Unternehmenskultur zu erschaffen und zu halten, ist eine der größten Herausforderungen im Business.
Was ist eigentlich (Unternehmens-)Kultur?
Eine Kultur setzt sich aus gemeinschaftlichen Verhaltensweisen, Haltungen, Vorstellungen sowie Traditionen einer Bevölkerungsgruppe zusammen. Darunter gibt es weitere Kulturen wie z.B. eine Familienkultur oder auch eine Unternehmenskultur, die den Charakter eines Unternehmens darstellt. Wichtige Bestandteile sind u.a. das Kommunikationsverhalten, soziales Engagement, die Entscheidungskultur oder die Führungskultur.
Von 2000 bis 2010.
Anfang 2000 waren klassische Führungspyramiden und eher strenge Hierarchien an der Tagesordnung. Oft wurde eine „Kontrollkultur“ mit Micromanagement gelebt.
Das Wort „Unternehmenskultur“ war noch nicht im täglichen Sprachgebrauch verankert und die Einflüsse auf Unternehmen waren nicht so komplex wie heute. Wer in eine Organisation kam, fand ein stabiles Umfeld vor. Das zeigte sich auch in einer Anwesenheitskultur von 9 bis x. Große Veränderungsprozesse gab es eher selten – „Work-Life-Balance“ als auch „Digitalisierung“ waren ebenfalls keine Buzzwords.
Von 2010 bis 2020.
Die VUCA-Welt entstand. Egal, ob diese Komplexität aus der Digitalisierung, Globalisierung oder einschneidenden Veränderungen wie der Finanzkrise 2008 und zuletzt der Corona-Krise verursacht oder verstärkt wurde, sie hatte unterschiedliche Auswirkungen auf Unternehmen.
Nicht jedes Unternehmen hat sich seither gleich entwickelt – und somit auch nicht die Unternehmenskulturen. Für manche sind Veränderungsprozesse zur Normalität geworden, z.B. durch Übernahmen oder Internationalisierung. Es entstanden Subkulturen innerhalb multinationaler Konzerne und Englisch war die Firmensprache.
Aber eben nicht überall. Die traditionelle Industrie tickt anders als eine moderne Werbeagentur. Ein familiengeführtes Unternehmen hat ein anderes Innenleben als ein Start-up. In einem staatlichen Unternehmen wird anders zusammengearbeitet als in der freien Wirtschaft.
Ab 2020 bis jetzt.
In den vergangenen drei Jahren haben Unternehmenskulturen einen weiteren Wandel erlebt.
24,8% der Beschäftigten waren 2021 (der Höchststand) im Homeoffice. Dabei war die Homeoffice-Quote im IT-Dienstleistungsbereich (75,9%) am größten und im Gesundheitswesen (5,4 %) am niedrigsten. Während also hier die Teams zusammengeblieben sind, standen in anderen Branchen die Firmen leer, Kulturen sind „gebröckelt“. Dort blieb der kleine Plausch in der Kaffeeküche aus.
Die Krisen und der Abstand führten dazu, dass sich Menschen über ihren Job Gedanken machten: Da gab es einerseits Platz für Träume oder die Frage nach dem Sinn des Lebens. Andere erlebten Depressionen durch Einsamkeit oder durch Chaos zu Hause und fehlende Rückzugsräume. Herausfordernd war es ebenso für Mitarbeitende, die in dieser Homeoffice-Zeit einen neuen Job angefangen hatten. Sie haben ihre Kolleginnen und Kollegen teilweise bis heute nicht persönlich getroffen. Weil gerade die Homeoffice-lastigen Unternehmen merken, dass sich die Kultur destabilisiert, schrauben sie die Remote-Arbeit aktuell zurück.
Was sind die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen für Unternehmen?
Es braucht hybride, funktionierende Arbeitsmodelle und eine stabile digitale Infrastruktur, die Mitarbeitenden nach wie vor Homeoffice oder sogar Arbeit aus dem Ausland ermöglichen. Eine weitere Aufgabe liegt darin, Generationen zu vereinen: Werte, Prioritäten und Selbstvertrauen sind in allen Generationen unterschiedlich. Wie schaffen wir Touchpoints und „Verbindendes“?
Da Kommunikation zentral und prägend für eine Kultur ist, braucht es für Meetings eine neue Gesprächskultur: ausreden lassen, auf Redezeit und gegenseitige Beteiligung achten, die Kamera für mehr emotionale Verbindung anschalten, vor allem für neue Mitarbeitende.
Die größte Herausforderung ist und bleibt insgesamt: Fachkräfte zu finden und langfristig ans Unternehmen zu binden!
Wie begegnen Firmen bereits den neuen Anforderungen und was tun sie für die Bindung zu Mitarbeiter:innen?
Die folgende Sammlung an etwas individuellen Aktivitäten kommt aus unterschiedlichen Unternehmen und Branchen, da es – wie erwähnt – keine einheitliche Entwicklung in diesem Bereich gibt. Diese Maßnahmen können eine Unternehmenskultur stabilisieren:
- Gemeinsam und organisiert Sport machen, wie z.B. Joggen gehen, Yoga oder Firmenläufe.
- Teams einmal im Monat persönlich zusammenbringen.
- Gerade in Remote-lastigen Firmen fahren Teams für gemeinsame Workations weg (ich hörte von Mallorca oder Nizza). Tagsüber arbeiten, abends private Zeit miteinander verbringen.
- Relocation-Agenturen engagieren, die Mitarbeitende unterstützen, eine Wohnung am Firmenstandort zu finden.
- Vorhandene Räume zugunsten eines hybriden Beisammenseins umgestalten.
- In Digitalisierung investieren, sodass man störungsfrei zusammenarbeiten kann.
Was ist wirklich wichtig, um Unternehmenskulturen zukunftsfähig zu machen?
Die Herausforderungen für Mitarbeitende und Unternehmen sind vielschichtig geworden. Das bedeutet, dass hier alle internen Beteiligten proaktiv mithelfen dürfen, Unternehmenskulturen zu halten und mitzugestalten. Der Mensch mit seinen Bedürfnissen ist vorrangig: Gerade die Jüngeren wünschen sich neben einer sinnstiftenden Arbeit auch eine außerberufliche Verbindung innerhalb des Unternehmens.
Das könnte eine gute Chance zur Verbindung sein. Firmenübergreifende Interessensgruppen u.a. zu Diversity, Female Empowerment, Expats sorgen dafür, dass Mitarbeitende noch woanders einen „gemeinsamen Nenner“ finden können. Mentoring hilft neuen Mitarbeiter:innen, sich schneller an ein Unternehmen zu gewöhnen und eventuell im Mentor eine Vertrauensperson zu finden.
Unternehmen und potenzielle Bewerber:innen matchen in dieser komplexen Zeit am besten, wenn beide Seiten für sich wissen, welche Bedürfnisse sie haben undwelche Anforderungen sie stellen. So werden gegenseitige Erwartungen nicht enttäuscht.
Vielen Dank für den inhalt-lichen Austausch mit Sarah Grötzinger, Karriere-Coachin für internationale Ingenieure & Technikexperten; Chris Schiebel, Botschafter für modernes Cross-Over Projektmanagement; Tobias Niedermeier, Marketing-Expert & Dialogmarketing-Specialist; Thomas Knauer, Director, HR Business Partner.