
 Wichtige Fragen vor dem ersten Job
„Ich war jung und ich brauchte das Geld“ ist eine mögliche, aber nicht die beste Antwort, wenn du in ein paar Jahren in einem Bewerbungsgespräch gefragt wirst, weshalb du dich für deine erste Stelle entschieden hast. Was aber sind die richtigen Kriterien für den ersten Vollzeitjob? Es gibt eine ganze Reihe von Fragen, die du dir selbst stellen solltest, bevor du dich bei einem Unternehmen bewirbst.
Selbstverständlich zählen Einkommen, Spaß an der Arbeit und vielleicht auch der Standort, wenn du dich für die erste Stelle nach dem Studium bewirbst. Aber dies sollten nicht die einzigen Kriterien für deine Auswahl sein. Es geht auch um das Big Picture, um die Karriere, die du machen willst und von Anfang an planen kannst. Die erste Anstellung kann wegweisend sein.
Wenn du weißt, wofür du brennst und um welche Stelle du dich bewerben willst, dann ist das eine gute Voraussetzung für einen gradlinigen Karriereweg. Jetzt kommt es auf die Größe an. Du musst abwägen, ob es für dich sinnvoller ist, bei einem kleineren oder mittleren, bei einem Start-up oder aber bei einem Konzern, beziehungsweise Großunternehmen anzufangen. Sie alle haben ihre Vor- und Nachteile. Je ehrgeiziger du bist, desto wichtiger sind die Entwicklungschancen, die du in einem Unternehmen bekommst.
Vor- und Nachteile von Großunternehmen
Der größte Vorteil von Großunternehmen ist ihre Internationalität: Weltoffenheit, diverse Teams aus verschiedenen Nationen, Standorte in mehreren Ländern, oft in internationalen Metropolen. Dazu kommen viele Abteilungen, also auch zahlreiche Aufstiegsmöglichkeiten, bessere Gehälter und Benefits, gute Unterstützung durch gefestigte Strukturen, mehr Fortbildungen, Workshops und unternehmensinterne Veranstaltungen als in kleineren Firmen. Gerade Großunternehmen haben erkannt, dass flexible Arbeitszeiten und Remote- oder Hybridarbeitsplätze Vorteile haben. Auch das kann ein Kriterium für dich sein.Â
Als nachteilig wird oft die Arbeitsatmosphäre empfunden, die aufgrund der Größe der Mitarbeiterzahl anonymer und distanzierter ist als in kleinen und mittleren Unternehmen. Außerdem dauern Entscheidungen länger, weil sie mehrere Ebenen durchlaufen müssen. Großunternehmen bekommen zudem eine Flut von Bewerbungen – daraus hervorzustechen, ist nicht ganz leicht. Und wenn du es geschafft hast, gibt es innerhalb der Firma reichlich Konkurrenz. Um die Karriereleiter nach oben zu steigen, brauchst du ein starkes Selbstvertrauen und musst dich gut vermarkten können.
Interessant sind auch Arbeitgeber, die Graduiertenprogramme für Studierende und Absolventen auflegen. In einem solchen strukturierten Programm sammelst du in verschiedenen Abteilungen eines Unternehmens und an internationalen Standorten Erfahrungen, gewinnst viele Eindrücke und hast dabei einen Mentor oder eine Mentorin an der Seite.
Vor- und Nachteile von KMU
Wenn sich die Firmenzentrale in einer Kleinstadt befindet, das Unternehmen den Namen des Chefs trägt und die Kolleg:innen gute Bekannte sind, dann handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um ein kleines oder mittleres Unternehmen (KMU). Natürlich gibt es auch Mittelständler in Großstädten, andere Weltmarktführer. Doch insgesamt geht es bei kleineren und mittleren Unternehmen oft familiärer zu, es kommt leicht zu einem Work-Life-Blending. Deine private und deine berufliche Welt können sich schon mal überschneiden. Ob du das als Vor- oder Nachteil empfindest, hängt von deiner Persönlichkeit ab.Â
Ganz sicher ist von Vorteil, dass dir KMU in der Regel breitere und abwechslungsreichere Tätigkeitsfelder bieten. Außerdem ist die Kommunikation direkter, die Hierarchien sind flacher, Entscheidungswege kürzer, Selbstbestimmung und Eigenverantwortung einzelner Mitarbeiter:innen größer. Flache Hierarchien bedeuten aber auch: weniger Aufstiegsmöglichkeiten. Du wirst in einem KMU eher keine internationale Erfahrung sammeln können und es gibt weniger Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung als in Konzernen.Â
Das Einkommen ist in Klein- und mittleren Unternehmen im Vergleich zu Konzernen bisweilen niedriger. Allerdings bewegen sich die Zahlen infolge des Fachkräftemangels: Die KMU passen die Gehälter nach oben an.Â
Sonderfall Start-up – Kreativität first
Start-ups sind nochmal ganz anders. Ein mittelständiges Unternehmen und ein wachsendes Start-up mit gleicher Mitarbeiterzahl haben kulturell wenig gemeinsam. Vorteile beim Start-up sind die innovative Kultur, kreatives Arbeiten, ein hohes Maß an Flexibilität, Motivation und Leidenschaft im Team, dazu die sehr familiäre Atmosphäre. Ein Nachteil ist die unsichere Zukunft des Arbeitgebers – gerade bei neuen Start-ups – und die Tatsache, dass oft als erste Sparmaßnahme Personal entlassen wird, wenn ein Start-up in Schieflage gerät.
Bei welchem Unternehmen du dich für deine erste feste Stelle bewirbst, hat viel mit deiner Persönlichkeit zu tun.Â
Gedankenlos den erstbesten Job anzunehmen, ist nie eine gute Idee. Achte auch darauf, dich nicht zu weit unterhalb deiner Qualifikation zu bewerben. Denn der erste Job wird immer in deinem Lebenslauf stehen und ist somit auch für künftige Arbeitgeber interessant.Â
Laut einer amerikanischen Studie sind 87 Prozent der Uni-Absolventen, die nach dem Studium mit einem ihren Qualifikationen entsprechenden Job ins Berufsleben einsteigen, auch fünf Jahre später in einer angemessenen Position. Bei Spätzündern fällt die Bilanz deutlich schlechter aus. Nach zehn Jahren sind drei Viertel derjenigen Absolvent:innen, die sich auf eine Stelle unterhalb ihrer Qualifikation eingelassen haben, noch immer in einem Job, der ihrer Ausbildung nicht entspricht (Quelle: permanent_detour_underemployment_report.pdf).
Zu guter Letzt: Nicht jede Karriere verläuft geradlinig. Das muss auch gar nicht immer sein. Entscheidend für Erfolg auch auf außergewöhnlichen Wegen sind eine große Portion Neugier, der starke innere Antrieb, ständig Neues zu lernen, und Aufgeschlossenheit. Unsere Welt – auch unsere Arbeitswelt – verändert sich in rasendem Tempo. Neue Berufe entstehen und neue Wege zum Erfolg. Wer hätte zum Beispiel vor fünf Jahren damit gerechnet, dass Prompt Engineers für Chat GPT zu begehrten und hochbezahlten Fachleuten werden würden? Es hat den Beruf ja noch nicht einmal gegeben.