New Work
Was macht dich im Job wirklich,
wirklich glücklich?
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New Work steht für neue Arbeitsmodelle sowie veränderte Arbeitswelten. Mehr Freiheit, Selbstbestimmung, Verantwortung des Einzelnen, mehr Freude bei der Arbeit. Von Flexibilität, Agilität, Abbau von Hierarchien und Demokratisierung von Führung ist die Rede. Viele Arbeitgeber schreiben sich heute New Work und Feelgood auf die Fahnen und locken damit vor allem Absolventen und junge Berufseinsteiger. Bewerber werden in Stellenausschreibungen geduzt, kostenloses Wasser und frisches Obst sind eine Selbstverständlichkeit und was früher die schnöde ÂKaffeeküche war, das ist heute die Espresso-Bar mit Kickertisch, Sitzsack und Hängematte. Auf den Karriereseiten strahlen uns glückliche Mitarbeiter in einer heilen Wir-haben-uns-alle-lieb-Kultur an, Chefs alter Schule werden über Nacht zu Coachs und Sparringspartnern auf Augenhöhe und wer als Jobwechsler dem Slogan „Join our team“ folgt, dem stehen in den nächsten Jahren die besten Entwicklungsperspektiven offen.
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New Work ist mehr als bunte Fassade
Du bemerkst vielleicht den Unterton zwischen meinen Zeilen. Ich bin ein großer Fan von New Work und mache mich seit Jahren auf meinem Blog und als Insider auf XING für eine menschlichere Arbeitswelt stark – und habe dazu gerade auch ein Buch veröffentlicht. Doch das, was uns mancher Arbeitgeber heute als „New Work“ auftischt, ist nicht mehr als die schillernd bunte Fassade für ein glänzendes Employer Branding im Außen, während innen weiterhin starre Hierarchie, Anweisung und Kontrolle sowie Druck durch Angst regieren. Was ist das frische Obst wert, wenn dein Chef ein unsympathischer Kontroll-Freak ist? Was fängst du mit der Hängematte an, wenn dir die Arbeit aufgrund von chronischer Unterbesetzung im Team täglich über den Kopf wächst? Wie geht es dir als Berufseinsteiger in einem Umfeld, wo Hierarchien abgeschafft wurden und niemand mehr klare Entscheidungen trifft? Schöne neue Arbeitswelt?
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Es ist ein fataler Denkfehler, die Basis für New Work sei ÂKuschelkurs, die große Portion Feelgood und alles wird gut. Es geht nicht um „Ihr Lieben, ab heute duzen wir uns alle“ – weil man es bei New Work halt so macht. Ganz im Gegenteil, dies alles macht Arbeit schwerer. Denn jeder Kuschelkurs-Führung fehlt Sicherheit durch Klarheit. New Work sollte vielmehr wirklich gute Beziehungen zwischen Menschen fördern und so die Grundlage für echte Wertschätzung und eine offene, klare und respektvolle Kommunikationskultur schaffen. Denn nur so können auch mal die Fetzen fliegen und Kritik laut werden, ohne im gleichen Moment die Kollegialität im Team und die gute Beziehung zum Chef infrage zu stellen.
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New Work ist persönliche Ansichtssache
Wenn ich mit Jobwechslern im Coaching arÂbeite, dann verwenden wir viel Zeit dafür, das Âideale Bild eines Traumjobs und optimalen Arbeitsumfeldes bei einem Wunscharbeitgeber zu entwerfen. Vielen jungen Angestellten sind heute Freiheit und gleichzeitig Sicherheit wichtig. Sie wollen am liebsten arbeiten, wie, wo und wann sie möchten, sich ihre Zeiten frei einteilen und flexibel über die Arbeitsorte entscheiden. Mal fachliche Themen gemeinsam im Büro mit den Kollegen oder per Video-Call vom heimischen Esstisch aus besprechen, mal allein konzeptionell im Café um die Ecke arbeiten, mal über Tag frei machen und abends die Nachtschicht einlegen. Gleichzeitig wünschen sich viele eine Führungskraft, die sagt, wo es langgeht, das Spielfeld klar absteckt und Verantwortungen definiert. Sprechen wir im Coaching darüber, wann Arbeit Freude macht, dann geht es meist darum, als Mitarbeiter gehört, gesehen und gefragt zu werden, mit netten Kollegen im Team an einem Strang zu ziehen, um Identifikation mit Produkten oder einer Marke, echten Sinn erleben und einen Unterschied machen zu können, persönliche und fachliche Entwicklung und oft auch um Grundwerte, wie etwa Gerechtigkeit und Ehrlichkeit. Ich vermute, dass auch du bei einigen dieser Punkte beim Lesen gerade zustimmend mit dem Kopf genickt hast.
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Doch merkst du was? Das kostenlose Obst, der beste Cappuccino und der liebste Chef auf Kuschelkurs kommen bei Âsolchen Traumjob-Visionen gänzlich nicht vor. Es sind andere Dinge, die wichtig sind, damit uns Arbeit wirklich, wirklich Freude bereitet. Was ist es für dich? Was brauchst du persönlich, damit es dir im Job gutgeht, du motiviert bist und auf Dauer gesund bleibst? Was gibt dir Kraft, was ist nervig und wie sollte es Âanders sein? Uns allen ist etwas anderes im Beruf und Leben wichtig, also mache dir besonders vor einem Jobwechsel bewusst, was deine persönlichen Werte ausmacht und was für dich konkret ein guter nächster Schritt im Beruf ist. Denn nur so kannst auch du selbst eine Entscheidung für oder gegen einen Job treffen. Lasse dich also nicht von oberflächlichen New-Work-Parolen blenden, sondern sieh hin, ob es genau das ÂUnternehmen oder die Organisation mit dieser Kultur, dieser Führungskraft, diesen Kollegen im Team und dieser Aufgabe in deiner neuen Position ist, die zu dir, deinen Werten und deiner Persönlichkeit passen. Denn New Work ist nicht die bunte Black-Box als Geschenk mit Schleife zum neuen Arbeitsvertrag, sondern das für dich richtige und gesunde Umfeld.
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Hast du wirklich, wirklich Lust auf New Work?
Doch was bis hierher nach einem Wunschkonzert für neues Arbeiten klingt, New Work bedeutet zugleich auch Übernahme von Eigenverantwortung jedes einzelnen Menschen innerhalb einer Organisation, aktiv den Rahmen für wertschätzende Zusammenarbeit und gesunde Führung mitzugestalten. „Chef, mach mal, dass es mir gut geht!“, passt nicht länger in eine Arbeitswelt, in der wir uns mehr Selbstbestimmung und Eigenverantwortung wünschen. Wir alle sind der Chef unseres eigenen Lebens. New Work als Synonym für eine bessere Arbeitswelt ist das Ergebnis von gemeinsamer Arbeit am Wandel. Wir alle können uns jeden Tag entscheiden, ob wir hierauf wirklich, wirklich Lust haben, und unseren Teil dazu beitragen, die Arbeitswelt ein Stück besser zu machen.