Eure Fragen zum Thema Gehalstverhandlung hat campushunter an die Expertin Claudia Kimich gestellt.
Gehaltsverhandlung kommt für Dich gleich hinter der Pest und lange vor allem Angenehmen? Dann hast Du Dich vermutlich „noch“ deutlich zu wenig damit beschäftigt! Gute inhaltliche Vorbereitung und Üben, Üben, Üben sollten Dir ein deutlich besseres Gefühl verschaffen. Die Antworten auf die folgenden Fragen sind Dein erster Schritt in Richtung erfolgreiche Gehaltsverhandlung:
Woher weiß ich, wie viel ich verlangen darf?
Du kannst Dich in Bewertungsportalen, wie gehalt.de, kununu oder glassdoor, informieren, dort werden Infos und Gehaltsvergleiche angeboten. Mach außerdem einen Faktencheck im Internet zur Marktlage, Mitarbeiteranzahl und
finanziellen Entwicklung des Unternehmens usw. Überprüfe Deine Kontakte und die Kontakte in Deinen realen und digitalen Netzwerken, wie z.B. LinkedIN, ob jemand aus dem Unternehmen dabei ist, den Du fragen kannst. Zu guter Letzt: Sprich mit Deinen Kontakten, Freunden, Bekannten, Kollegen darüber. Entscheide mit Herz und Verstand. Bewerte die Fakten sachlich und hör darauf, was Dein Bauch zum Ergebnis sagt.
Wie genau lege ich meine Gehaltsziele fest?
Setz Dir drei klare Ziele. Dabei gibt es zwei Bereiche, den finanziellen und inhaltlichen. Das sind Deine Voraussetzungen für das Antreten der Stelle oder dein Bleiben auf derselben. Das Wichtigste ist das Minimal-Ziel, Deine Schmerzgrenze, z.B. 45.000 €, unter der ist das Thema erledigt, d.h., Du schlägst den Job aus oder bewirbst Dich zumindest ernsthaft weiter. Mit dem OK-Ziel fühlst Du Dich für diese Aufgabe gut bezahlt, z.B. mit 52.000 €. Das Juhu Ziel, z.B. 65.000 €, ist das Ziel, bei dem Du 3 Tage kreischend vor Freude unterm Kronleuchter hängst. Geh mit einem Betrag zwischen OK und Juhu in die Verhandlung. Halte zusätzlich für alle drei Zielvarianten fest, was Du aufgabentechnisch und inhaltlich in der jeweiligen Kategorie willst, z.B. nur eine bestimmte Prozentzahl Überstunden oder bestimmte Aufgaben/Projekte weiter betreuen. Überprüfe diese finanziellen und inhaltlichen Grenzen sehr genau, ob diese so faktisch und gefühlsmäßig für Dich stimmen.
Wenn ich mein Wunschgehalt angeben soll – kann ich auch eine Spanne nennen?
Kannst Du schon, ist allerdings höchstens dann sinnvoll, wenn Du Dein Ok als unteren Teil wählst. Wenn Du 45.000 – 52.000 € sagst, legst Du Deine Schmerzgrenze schon offen und bekommst vermutlich 43.000 €. Ich plädiere für einen klaren Betrag, statt einer Spanne, das zeigt Selbstsicherheit.
Kann man jährlich ein Zielgespräch mit Gehaltsgespräch erwarten?
Erwarten kannst Du viel… Die bessere Variante ist: die Initiative ergreifen und selbst jedes Jahr ein Gehaltsgespräch einfordern. Das dann gut vorbereiten und erfolgreich verhandeln.
Wie verkaufe ich mich gut in der Bewerbung/Gehaltsverhandlung?
Bereite Folgendes gut vor: Was kann ich und was hat das Unternehmen davon für einen Nutzen? Lege dir folgende dreispaltige Liste an und führe diese am Besten fortlaufend weiter:
- „Projekte/Aufgaben/Stärken“,
- „Mein persönlicher Anteil“,
- „Nutzen fürs Unternehmen“.
Zum Beispiel Erstellung eines Onboarding-Plans, Du hattest die Idee, hast es umgesetzt und sparst so in der Einarbeitung neuer Mitarbeiter 50%, da liegt der Nutzen auf der Hand.
Wenn Du Deinem Arbeitgeber den Nutzen auf dem Silbertablett servieren kannst, fällt es ihm leichter, Dich angemessen zu bezahlen.
Hab Deine 3-8 Schlüssel-Argumente daraus immer in petto, dann kannst Du selbstbewusster auftreten.
Wie komme ich in der Gehaltsverhandlung selbstbewusst rüber?
Üben, üben, üben! Sei souverän, statt nur so ‚rüberzukommen? Kein Sportler bestreitet untrainiert ein Turnier. Also üb, bis es Dir zu den Ohren wieder ‘rauskommt. Am Küchentisch mit Freunden, alleine vorm Spiegel und vor laufender Handy-Kamera. Achte dabei neben Deinen Worten auch auf Mimik und Gestik und eine aufrechte Haltung.
Mein Chef lehnt eine geforderte Gehaltserhöhung ab, wie verhalte ich mich, wenn ich denke, dass die Erhöhung gerechtfertigt ist?
Trau Dich! Am besten wirst Du sehr klar, dass das für Dich nicht ok ist, zeigst, was Du dem Unternehmen/Chef bringst, und verhandelst nach. Bleib hartnäckig, argumentiere mit Deinem Nutzen und frage nach, wie es gehen kann, Vorsicht, wenn Du schon dreimal ein Nein kassiert hast, weiß Dein/e Chef/in, dass du bleibst, auch wenn Du es nicht bekommst. Der wichtigste Punkt dabei ist, dass Du Dir bewusst machst, was die Konsequenz ist, wenn Du unter Deinem Minimalziel, der Schmerzgrenze, bleibst. Bewirbst Du Dich ernsthaft, bist Du bereit zu gehen? Es ist völlig ok, wenn Du das nicht möchtest, nur es ist blöd für die Verhandlung, wenn Du nicht bereit bist, die Konsequenz zu ziehen.
Was mache ich, wenn ich schlecht verhandelt habe und das später herausfinde?
Das ist doof. Steh dazu. Verhandle nach. Sag z.B.: Mir ist klar, dass ich echt schlecht verhandelt habe. Jetzt will ich nach Leistung und nicht nach Verhandlungskünsten bezahlt werden. Stell Deinen Nutzen für das Unternehmen dar.
Ist die Inflation ein gutes Argument in der Gehaltsverhandlung?
Nein! Leistung gegen Geld! So lautet der Deal nach wie vor. Also auf geht‘s, bereite Dich gut vor und führe eine „ganz normale“ Gehaltsverhandlung. Verhandle jedes Jahr und nutze die Gunst der Stunde für eine Nachverhandlung, wenn Du eine besondere Leistung abgeliefert hast oder neue Aufgaben übernimmst.
Kann man nach erfolgreicher Probezeit mehr Gehalt verlangen?
Klar, kannst Du das, am besten zeitlich so, dass es genug Bedenkzeit gibt und Du noch in der Probezeit kündigen könntest, ohne längere Kündigungsfrist.
Gehalt oder ohne Bezahlung - was ist im Pflichtpraktikum üblich?
Setz immer Deine eigenen Maßstäbe. Was üblich ist oder nicht, ist dabei völlig schnurz. Mach es einfach nur, wenn es für Dich ok ist.
Wenn es bei den ersten Drei nicht geht, dann beim Vierten, Fünften oder sechsten. Bleib dran und hol Dir Deine faire Bezahlung.
Zahlen Konzerne mehr als kleine Firmen?
Leider ist das oft so. Nur, ob das auf Dich und Deinen zukünftigen Arbeitgeber zutrifft, kannst Du mit einer guten Verhandlung sehr wohl beeinflussen.
So da la, mit diesen Antworten bist Du Deiner erfolgreichen Gehaltsverhandlung einen Schritt nähergekommen. Setz die Tipps um und bewirb Dich zum Üben am besten bei 3-5 Stellen, die nicht Deine allerobersten Wunschjobs sind, dann geht’s ein bissl leichter.
Trau Dich und steh zu Dir, dann wird’s am Ende gut!