Schwierige (Frage-)Typen und wie man ihnen begegnet
Ich werde oft gefragt, wie man schwierige Fragen umschiffen kann. Meine Antwort ist immer die gleiche: Gar nicht! Ihr Publikum erwartet von Ihnen ernst genommen zu werden. Auch die unangenehmsten Fragen dürfen Sie auf keinen Fall ignorieren oder weglächeln.
Profitieren Sie lieber davon: Sie können nämlich jede Frage als Steilvorlage nutzen, um zu glänzen. Nachfolgend einige Typen von schwierigen Fragen – und wie Sie sie zu Ihrem Vorteil drehen können.Â
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Irrelevante Fragen
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Diese scheinbar dummen Fragen muten harmlos an, sind aber durchaus gefährlich. Sie haben sich gerade eine Stunde lang mit einem Referat abgemüht, und dann das: „Ging Einstein nicht im April 2014 nach Berlin, und nicht im März, wie Du gesagt hast?“
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Unangenehm, ich weiß – was ändert das schon... Machen Sie irrelevante Fragen in Ihrem Sinne nutzbar, indem Sie einen relevanten Aspekt des Anliegens aufgreifen und die Gelegenheit zum Glänzen nutzen: „Das prüfe ich gern noch einmal nach und stelle es nächste Woche klar. Seiner Berufung durch Max Planck in diesem Jahr haben wir jedenfalls zu verdanken, dass Einstein seine allgemeine Relativitätstheorie fertigstellen und 1916 veröffentlichen konnte.“
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Und wenn die Frage einmal partout nicht zum Thema passt: Bieten Sie an, sie zu einem späteren Zeitpunkt zu beantworten, etwa nach der Präsentation.
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Negative Fragen
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Bei einem Bewerbungsgespräch könnte Ihr Chef in spe Ihnen nach einem Blick in Ihren Lebenslauf mit einer solchen Frage auf den Zahn fühlen: „Warum haben Sie mitten im Studium ein Jahr in Australien gejobbt und dann auch noch die Fachrichtung gewechselt, anstatt schnell Ihren Abschluss zu machen?“
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Wo ist in dieser Frage der Hund begraben? Eigentlich will die Führungskraft herausfinden, ob Sie wankelmütig sind und Schwierigkeiten haben, an einer Sache dranzubleiben. Sie aber hatten sicherlich gute Gründe für die Auszeit und den Wechsel, und die können Sie jetzt anführen.Â
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Paraphrasieren Sie negative Fragen immer positiv, um eine konstruktive Grundlage für Ihre Argumente zu schaffen. Zum Beispiel so: „Warum ich in meinem Auslandsjahr erkannt habe, dass Wirtschaftspsychologie der ideale Ausbildungsweg für mich ist?“ Damit schaffen Sie eine Grundlage für eine aktive Argumentation und vermeiden eine passive Verteidigung aus der Bedrängnis heraus.
Aussagen statt Fragen
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Solche Fragen sind gut dazu geeignet, zum Beispiel in einem Bewerbungsgespräch ihre Sattelfestigkeit zu prüfen, indem Ihr Gegenüber Sie auflaufen lässt: „Sie haben uns ja nun viel über die Grundlagenforschung erzählt, die Sie während Ihres Studiums betrieben haben. Wir suchen hier allerdings keine Theoretiker, sondern praktisch denkende Produktentwickler, die ihre Kenntnisse in handfeste Innovationen umsetzen können.“
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Wenn Sie jetzt eingeschüchtert aufgeben, erwecken Sie den Verdacht, dass Sie selbst nicht von Ihrer Eignung für diesen Job überzeugt sind. Machen Sie aus der destruktiven Aussage eine Frage, auf die Sie eine konstruktive Antwort haben: „Welche praktischen Anwendungsfelder meiner Forschung ich in Ihrer Firma sehe?“ Dann können Sie erläutern, warum genau Sie mit Ihren Spezialkenntnissen das Unternehmen voranbringen können.
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Gehen Sie destruktiven Aussagefragen nicht auf den Leim. Machen Sie solche Dialogbremsen zur konstruktiven Steilvorlage, indem Sie sie in eine Frage umwandeln, die Sie wieder zurück ins Gespräch bringt.
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Fragen, auf die Sie die Antwort nicht kennen
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Viele sind angesichts einer Faktenfrage, die nicht vorhandene Kenntnisse abfragt oder ein Argument entkräften will, versucht, sich irgendwie durchzumogeln – auf keinen Fall wollen sie preisgeben, dass sie etwas nicht wissen. Widerstehen Sie dieser Versuchung: Niemand ist allwissend. Bieten Sie dem Fragesteller an, die Antwort nachzuliefern, und lassen Sie sich seine Visitenkarte geben – das schafft Verbindlichkeit.
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Schwieriger wird es, wenn die Frage sich unmittelbar auf Ihre Aussagen bezieht, Sie die Antwort also kennen müssten. Dann müssen Sie antworten – sonst wirken Sie ausweichend. Ein unkalkulierbares Risiko gehen Sie jedoch ein, wenn Sie ins Blaue hineinraten. Gestehen Sie direkt oder bleiben Sie trotz der Wissenslücke unbeirrt bei Ihrer Grundposition, aber tun Sie es in einem sympathischen, vielleicht auch selbstironischen Ton.
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Denken Sie daran: Sie müssen nicht alles wissen. Sie müssen nur eine relevante Antwort finden.
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Kommen Sie gut an!
Ihr
René Borbonus