Was unser Körper über uns verrät
von Karl Heinz Lorenz
Wir geben uns viel Mühe, Sprachen zu erlernen. Doch die Kunst der Sprache, die über alle Grenzen weg gesprochen wird, verschwindet ins Unterbewusste: die Körpersprache.
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Schöne neue Welt
Wir leben in einer Welt, in der Information und Kommunikation eine hohe Dominanz in allen Lebensbereichen ausübt. Doch sind wir auch besser geworden im Verstehen dessen, was wir aufnehmen und haben wir gelernt, uns deutlicher auszudrücken, damit unsere Botschaften wirklich ankommen? Gerade in modernen Unternehmen und Organisationen leiden Mitarbeiter und Führungskräfte unter der Informationsflut.
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Gut informiert zu sein suggeriert Wissensvorsprung. Doch es bleibt zu wenig Zeit für eine konzentrierte Verarbeitung und noch weniger Zeit für die direkte Kommunikation und Begegnung mit Gesprächspartnern. Unsere ureigensten, höchst menschlichen Fähigkeiten der Wahrnehmung, allen voran die Verständigung mit körpersprachlichen Signalen, befinden sich in einem Prozess zunehmender Degeneration. Je weniger Übung wir in der Interpretation von Körpersprache haben, desto weniger nutzen wir sie gezielt in unseren Gesprächen.
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Der Körper spricht für unsere Seele
Die allererste Sprache, die wir Menschen erlernen und zeigen, ist tatsächlich die Körpersprache. Ob wir uns wohlfühlen, Hunger verspüren, Zuneigung oder einfach mal unsere Ruhe brauchen – schon als Baby und Kleinkind drücken wir uns recht klar darin aus. Die Fähigkeit zu dieser Sprache ist uns quasi in die Wiege gelegt worden. Wenn wir sie allerdings nicht bewusst gebrauchen, uns nicht im Wahrnehmen dieser Sprache üben, dann gerät sie ins Unterbewusste. Wir fühlen und ahnen dann zwar etwas bei der Kommunikation mit anderen, können jedoch die Signale nur wenig konkret in unsere Gedanken einbeziehen.
Die allererste Sprache, die wir Menschen erlernen und zeigen, ist tatsächlich die Körpersprache.
Die Signale auf körpersprachlicher Ebene entsprechen nicht direkt unserer verbalen Sprache, die wir ja laufend gebrauchen. Sie ist viel mehr mit unseren Gefühlen, als mit unserem rationalen Denken verknüpft. Samy Molcho, Pantomime und Lehrer, drückte das einmal wunderbar aus: „Der Körper ist der Handschuh der Seele, seine Sprache das Wort des Herzens.“ Unser Gefühl trügt nicht. Der Verstand mag planen und bewusst kalkuliertes Verhalten an den Tag legen. Unser Gefühl jedoch findet einfach im Hier und Jetzt statt, Körpersprache drückt es aus, ist eine unmittelbare Reaktion auf das, was um uns herum gerade passiert – vor allem natürlich in direkten Kommunikationssituationen. Sie zeigt, was in uns passiert, welche Haltung wir zu etwas einnehmen, welche Gefühle wir zu einer Sache oder einem Gesprächspartner hegen.
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Erst Kontext schafft Klarheit
Wir fühlen noch bevor wir (abstrakt, in verbaler Sprache) denken. Daher zeigt Körpersprache oft klarer und deutlicher, was unser Mund – kontrolliert - verkündet. Manchmal ja auch das Gegenteil des Gesagten, denn nicht alles, was wir fühlen, geben wir anderen über Worte preis. Wie nun können wir diese Signale entschlüsseln, für uns verständlich machen und nutzen? Dazu unterscheiden wir schon einmal zwei Richtungen an Signalen. Es gibt welche, die eine bewusste, kulturell basierte Vereinbarung sind. Beispielsweise, wenn wir mit Händen und Fingern zählen, dann weiß unser Gesprächspartner recht genau, dass es sich hier um einen Zahlencode handelt. Von diesen Signalen gibt es viele und sie sind mit dem Kulturkreis, in dem sie angewandt werden, verbunden. Für all diese vereinbarten Signale brauchen wir also den „ortsüblichen“ Code.
Die dem Menschen angeborenen Signale sind dagegen über Kulturgrenzen hinweg verständlich.
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Sie leiten sich im Wesentlichen von unseren Körperfunktionen ab bzw. von den Körperteilen, die damit verbunden sind. Fassen wir uns während eines Gesprächs auf eine Äußerung des Gegenüber als direkte Reaktion hin ans Ohr, so kann das bedeuten: „Ich habe das noch nicht ganz verstanden.“ Fassen wir uns dagegen bei gleicher Situation an die Nase oder kneifen sie sogar zu, kann das bedeuten: „Das, was du mir gerade sagst, stinkt mir. Ich mags nicht riechen!“ Doch ist das immer so? Klares Jein. Körpersprache findet laufend statt und stets im Kontext des sonstigen Geschehens. Unsere Nase kann also einfach gejuckt haben, und ans Ohr haben wir gefasst, weil uns dort die Haare kitzelten. Haltung, Mimik und Gestik sind gekoppelt an alle anderen Vorgänge und Ereignisse während eines Kommunikationsvorgangs. Daher werden sie erst dann „sprechend“, wenn diese im Zusammenhang wahrgenommen und interpretiert werden.
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Offen oder verschlossen, wahr oder falsch?
Grundlegende körpersprachliche Elemente sind das Öffnen und das Schließen.. „Der Körper ist der Handschuh der Seele, seine Sprache das Wort des Herzens.“ Eine uns entgegen gestreckte, offene Hand bietet an, verschränkte Arme dagegen wehren eher ab. Ein offener Gesichtsausdruck signalisiert: „Ich bin offen für deine Ideen und Gedanken.“ Zusammengekniffene Augen machen dagegen eher Skepsis deutlich. Die Kombination dieser Signale, denn alles passiert in Echtzeit, zeigt dem bewusst Wahrnehmenden recht deutlich an, ob sein Gegenüber, wenn das ein wichtiger Aspekt des Gesprächs ist, dem Pfad der Wahrheit folgt, mit seiner Meinung hinter dem Berg hält oder sogar lügt. Einfach zu erkennen? Nein, nicht einfach. Aber mit Wissen und Training erlernbar.
Spannende Einsatzmöglichkeiten
Für Professionals in Wirtschaft und Gesellschaft, aber auch für kommunikationsorientierte Privatpersonen bildet die Entschlüsselung der Körpersprache hervorragende Möglichkeiten, ihre Kommunikations- und Verhandlungskompetenz zu erweitern. Gesprächspartner können besser verstanden und die eigenen Botschaften klarer, unmissverständlicher platziert werden.
Ob in politischen Begegnungen oder in Gesprächen zwischen Unternehmern und Betriebsräten, in Verkaufssituationen oder in Auseinandersetzungen mit Menschen, mit denen wir Wichtiges zu klären haben – wir sind als Menschen darauf angewiesen, eine gut funktionierende Kommunikation zu erreichen. Wir wollen wissen, ob unsere Gesprächspartner tatsächlich meinen, was sie sagen. Wir wollen wissen, woran wir sind und wie wir auch selbst zu den Dingen stehen, die erörtert werden. Körpersprache lässt sich gut erlernen und trainieren. Für ganz besondere Fälle kann heute ein Körpersprachecoach hinzugezogen werden, auch als Begleiter bei Verhandlungen. Er übernimmt die Aufgabe, parallel zur verbalen Auseinandersetzung über die laufende Analyse der körpersprachlichen Signale mehr Klarheit über den oder die Gesprächspartner zu erhalten.
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