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Ein Karrieretipp von Isabel Garcia, Lesedauer: ca. 4 Minuten

Alles aussprechen, ohne Angst vor Streit

Wirkungsvoll in schwierige Gespräche starten

Corona, Klimawandel, Gendersprache … es gibt viele Themen, über die wir herrlich streiten könnten. Unter Freunden gibt es hier und da sicherlich angeregte Diskussionen, doch ist es auch beruflich ratsam, zu seiner eigenen Meinung zu stehen?

Klar. Sie können alles sagen, wenn Sie es in die richtige Wortwahl packen.

Klarheit vs. Herumgeeiere

Ihr Kollege sagt: „Der Klimawandel ist ganz natürlich. Auch ohne unser Zutun würden wir jetzt diese Stürme und das wärmere Wetter haben.“ Sie sehen dies anders und können dies auch aussprechen:

Seien Sie klar bei dem, was Sie sicher wissen: „Ich sehe das anders.“ Oder „Ich habe dazu eine andere Meinung.“ Wenn Sie sogenannte „Fakten“ liefern wollen, dann sagen Sie bitte nicht: „Es ist bewiesen, dass der Mensch einen großen Anteil an dem Klimawandel hat. Das weiß doch jeder.“

Warum nicht? Weil Ihr Gesprächspartner dies sofort als Steilvorlage nehmen wird, um Ihnen seine sogenannten „Fakten“ um die Ohren zu hauen. Dies bringt Sie nicht weiter. Äußern Sie Ihre Meinung, doch machen Sie sich weniger angreifbar, indem Sie sich hier ein bisschen weniger direkt ausdrücken: „Ich habe gelesen, dass der Mensch einen großen Anteil am Klimawandel hat. Und es klang sehr überzeugend für mich.“

Sobald Sie bei dem Gespräch darüber hinaus eine Mut­maßung äußern möchten, dann werden Sie bitte noch schwammiger in Ihrer Wortwahl: „Ich könnte mir vorstellen, dass viele Wissenschaftler wahrscheinlich den Klimawandel komplett anders beurteilen und analysieren. Vielleicht ist es besser, wenn wir die Wissenschaftler miteinander diskutieren lassen, denn dies führt wahrscheinlich eher zu einer Lösung, als wenn wir beide darüber reden.“

Mensch und Verhalten trennen

Eine Kollegin sagt, dass sie absolut für die Impfpflicht sei, weil die vielen Ungeimpften die Pandemie unnötig verlängern würden. Auch in diesem Fall haben Sie vielleicht eine andere Meinung, wissen allerdings auch aus Erfahrung, dass dies ein heikles Thema ist, bei dem ordentlich die Fetzen fliegen können.

Falls Sie es dennoch ansprechen, ist es wichtig, dass Sie vorher bewusst das Verhalten der Kollegin von ihrer Person trennen. Wenn Sie ihr sagen: „Du bist ungerecht. Das lag doch gar nicht an den Ungeimpften“, dann greifen Sie Ihre Kollegin als Person an. Allein schon durch „Du bist …“

Sagen Sie lieber: „Ich finde es nicht gut, dass du dies mit so einer Bestimmtheit aussprichst. Ich bin zwar auch geimpft, aber ich mag es nicht, dass Ungeimpfte so oft angegriffen und für vieles verantwortlich gemacht werden.“ Nun sagen Sie etwas über ihr Verhalten und greifen Sie nicht mehr als Person an.

Schauen Sie sich manche Gedanken an und überprüfen Sie, ob ein „du bist“ gerechtfertigt ist oder ob es nicht vielmehr das Verhalten ist, welches Ihnen sauer aufstößt.

Nicht: „Du bist faul.“ Lieber: „Ich finde es schade, dass du mir am Dienstag bei Projekt XY nicht geholfen hast.“

Anders und ungünstig 

Anstatt jemanden als „blöd“ oder „zickig“ hinzustellen, könnten Sie diese Bewertung in Gedanken durch das Wort „anders“ ersetzen.

Kollege Müller ist nicht hochnäsig, sondern einfach anderes. Kollegin Schwarzer ist nicht gehirnamputiert, sondern anders.

Worin der Unterschied besteht? Sie belasten sich selbst weniger. Worte hinterlassen Wirkung. Sowohl beim Aussprechen, als auch beim Denken. Wenn Sie nach Hause fahren und sich denken: „Die sind doch alle gehirnamputiert. Die treffen so bescheuerte Entscheidungen“, und zu Hause noch Ihrem Freund genau dasselbe erzählen, dann schwächen Sie Ihren eigenen Körper.

Um gute Gespräche zu führen, ist es wichtig, dass Sie gut „gestimmt“ sind. Mit anderen Worten, dass Sie eine gute Stimmung, gute Laune haben. Bei dem Wort „gehirnamputiert“ sinkt die Gestimmtheit in den Minusbereich. Auf diese Art und Weise werden Sie sich nicht wohl fühlen und dadurch auch nicht konstruktiv kommunizieren.

Denken Sie allerdings: „Die sind alle anders als ich. Die treffen ungünstige Entscheidungen.“, dann schwächt dies nicht ­Ihren Körper. Es ist ja kein Wort dabei, welches sich negativ auswirken könnte. „Anders“ und „ungünstig“ sind recht neutrale Worte. Sie sagen und denken das Gleiche und doch auf eine Art und Weise, die sich positiv auf die Situation und das Gespräch auswirkt. Denn mit diesen beiden Worten, können Sie es sogar in einem Meeting laut aussprechen: „Sie handeln ganz anders, als ich es machen würde. In meinen Augen sind das ungünstige Entscheidungen, die Sie getroffen haben.“

Wortwahl

Bleiben wir bei der Wortwahl. Dass „immer, müssen, nie und nur“ ungünstige Worte in Konfliktsituationen sind, haben Sie ­sicherlich schon mal gehört. Die Frage ist, welche Worte sind besser geeignet?

Hier ein paar Beispiele: „günstig“, „hilfreich“, „gleichzeitig“ und „es wäre schlau“.

Es könnte sein, dass sich jemand in einem Meeting aufregt: „Müssen wir jetzt echt alles gendergerecht mit Sternchen und Doppelpunkten schreiben? Ich würde mir nie einen Text durchlesen, der so komisch geschrieben ist.“

Es ist okay, diese Meinung zu vertreten. Gleichzeitig könnten alle anderen im Raum diese Aussage leichter annehmen, wenn die Wortwahl eine andere wäre: „Ich kann verstehen, dass wir um die Gender-Schreibweise wahrscheinlich nicht herum kommen. Gleichzeitig fände ich es hilfreich, wenn wir größtenteils ohne Sternchen und Doppelpunkt auskämen, weil es derzeit für viele noch leichter lesbar ist.“

Eher nicht: „Du musst das Angebot gendergerecht schreiben.“ Dafür lieber: „Es wäre schlau, gerade bei diesem Unternehmen, das Angebot gendergerecht zu schreiben.“

Konkretisierungsfragen

Falls Sie – trotz guter Wortwahl – in einen Konflikt hinein- ­geschliddert sind, dann können Sie sich jederzeit mit Konkreti­sierungsfragen aus dieser brenzlichen Situation herausnavi­gieren.

Viele Menschen hauen in Konfliktsituationen gern mit ­pauschalen Aussagen um sich: „Nie kommst du pünktlich.“ – „Immer muss ich alles machen.“ – „Du bist immer faul.“ – „Das sagen alle.“

Wenn Sie jemand auf diese Art und Weise emotional angreift, dann fragen Sie konkret nach: „Wann genau kam ich das letzte Mal zu spät?“ – „Wann musstest du das letzte Mal etwas allein machen?“ – „Wann war ich – deiner Meinung nach – das letzte Mal faul?“ – „Wer hat das gesagt? Und wann genau?“
Meistens reichen drei oder vier Konkretisierungsfragen und Ihr Gegenüber kann nicht mehr an den Pauschalisierungen und Verallgemeinerungen fest halten und wird sich mit Ihnen konkret und eher sachlich austauschen.

Fazit

Solange Sie Ihre andersartige Meinung auf eine Art und ­Weise äußern, die niemanden angreift, können Sie alles sagen, was Ihnen auf der Seele liegt.


Kommunikation

Kommunikationstrainer und Buchautor Rene Borbonus und weitere Gastredakteure geben wertvolle Tipps rund um das Thema Kommunikation.

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