Nach Treffen mit vielen Menschen bist du meist erschöpft und vor einem oberflächlichen Small Talk graut es dir? Deshalb fällt es dir schwer, in großen Gruppen Anschluss zu finden, und du bevorzugst Gespräche in vertrauter Runde? Herzlichen Glückwunsch, dann bist du vermutlich introvertiert!
Manche Leser*innen fragen sich jetzt bestimmt: „Moment mal, warum denn herzlichen Glückwunsch? Ist das nicht eher eine Schwäche?!“. Die Introvertierten unter uns gelten schließlich oft als schüchtern, langweilig, in sich gekehrt – kurzum: als Mauerblümchen. Während die Extrovertierten auf Partys von einem Tisch zum nächsten wandern und es genießen, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, laut lachen, sich scheinbar mit jedem gut verstehen und sich prächtig amüsieren, beobachten Introvertierte das Treiben oftmals am Rande der Veranstaltung. Alles nur Vorurteile? Teils, teils. Wie so oft bei Vorurteilen gibt es einen wahren Kern, der aber überspitzt ist und nur die eine Seite der Medaille abbildet. Denn Introvertierte haben genauso großartige Stärken wie die Extrovertierten unter uns, eben nur andere.
Aber noch einmal von Anfang an. Dass Introvertierte einen solch schlechten Ruf haben, liegt oftmals daran, dass der Begriff im Sprachgebrauch falsch interpretiert und mit „schüchtern“ gleichgesetzt wird. Darüber, dass das nicht dasselbe ist, sind sich Psycholog*innen inzwischen einig. Doch was bedeutet introvertiert sein nun eigentlich genau, wenn nicht schüchtern?
Introvertiert bedeutet nichts anderes, als seine Aufmerksamkeit verstärkt auf sein eigenes Innenleben zu richten statt nach außen. Die Begriffe Intro- und Extraversion gehen auf den Psychiater Carl Gustav Jung zurück und beschreiben, woher jemand seine Energie schöpft. Es ist also im Grunde ganz einfach: Gewinnt man dadurch Energie, dass man mit anderen zusammen ist und in Gesellschaft? Dann ist man eher extrovertiert. Oder füllt man seine Energietanks umgekehrt dadurch auf, Zeit alleine zu verbringen? Dann ist man also introvertiert. Allein dieser Unterschied kann schon einmal zu Irritationen führen, dann zum Beispiel, wenn man sich nach einem langen Seminartag abends auf sein Zimmer zurückzieht, anstatt den Abend mit den anderen an der Bar zu verbringen, und das fälschlicherweise als Desinteresse interpretiert wird.
Gerade in unserer eher lauten Arbeitswelt ist das manchmal ein Nachteil, der mit einem besseren Verständnis füreinander schnell aus der Welt geräumt ist. Wir müssen in erster Linie nämlich verstehen, dass es kein Gut oder Schlecht gibt: Egal, ob extrovertiert oder introvertiert – wir sind alle genau so richtig, wie wir sind. Beide Persönlichkeitstypen bringen wertvolle Stärken mit, die gut für das Miteinander sind und unsere Gesellschaft bereichern. Auch mit einer introvertierten Persönlichkeit kann man also selbstverständlich erfolgreich sein. Angela Merkel, Bill Gates und Albert Einstein sind wohl die berühmtesten Introvertierten, die sich auf leise Weise ihren Weg nach vorne gebahnt haben.
Doch wie schafft man es, in der Masse nicht unterzugehen und sich gegen die Extrovertierten durchzusetzen?
Erfolgsstrategien für Introvertierte
Du bist selbst introvertiert und hast dich in dem Beitrag wiedererkannt? Folgende Strategien können dir helfen, deine Stärken zu zeigen:
#1 Versuche nicht in eine Rolle zu schlüpfen!
Akzeptiere dich so, wie du bist, und versuche dich nicht zu verstellen. Wenn du deine ruhige Art mit einem forschen Auftreten überspielen möchtest, wird man dies recht schnell merken. Außerdem wird es für dich wohl ziemlich anstrengend sein, da dir möglicherweise auch schnell die Puste ausgehen wird. Sei also möglichst authentisch und du selbst.
#2 Bereite dich auf gesellschaftliche Anlässe gut vor
Networking langweilt dich oder schreckt dich sogar ab? Du weißt nichts mit dir anzufangen, wenn du in einen Raum mit lauter fremden Menschen kommst, von denen du niemanden kennst? Eine gute Strategie besteht darin, bei solchen Treffen bewusst früh da zu sein. Der Vorteil ist, dass sich am Anfang einer Veranstaltung noch keine Grüppchen gebildet haben und die anderen Teilnehmer peu à peu eintreffen. So wird es dir leichter fallen, auf die Anderen zuzugehen und ein Gespräch zu beginnen, als wenn die Grüppchenbildung schon abgeschlossen ist.Â
Du hast vorab schon eine Gästeliste mit den Teilnehmern zugeschickt bekommen? Dann informiere dich doch bereits vor dem Termin, welcher Gesprächspartner für dich interessant sein könnte und was ein Anknüpfungspunkt oder Aufhänger für einen Gesprächseinstieg sein könnte.
#3 Nimm dir regelmäßige Auszeiten & tanke Energie
Schaffe dir im hektischen Alltag immer wieder Pausen und Rückzugsorte, um Energie zu tanken. Ein kurzer Spaziergang um den Block, 10 Minuten Meditieren oder in Ruhe ein Tasse Tee trinken. Was auch immer dir Energie gibt, baue es in deinen Tageslauf mit ein. Du stehst zum Beispiel den ganzen Tag am Messestand und deine Kollegen wollen abends mit dir noch essen gehen und anschließend einen Absacker an der Bar nehmen? Gerne, nachdem du dich eine halbe Stunde auf dein Hotelzimmer zurückgezogen hast, um dich frisch zu machen und um zur Ruhe zu kommen. Scheu dich nicht davor, dies offen anzusprechen. Nach solch einer kleinen Auszeit, kommst du aufgetankt zu den anderen zurück und bist viel wertvoller für die Gruppe.
#4 Nimm dir nicht zu viel vor
Du bist den ganzen Tag von einem Meeting zum nächsten gehetzt und auch die folgenden zwei Tage sehen nicht besser aus, da dein Kalender aus allen Nähten platzt? Nun ruft auch noch deine Freundin an und will heute Abend mit dir zur After-Work-Party? Dabei hattest du dich schon auf dein Buch und ein Glas Wein gefreut, da du morgen Abend bereits zu einem Netzwerkabend gehst und auch das Wochenende schon total verplant ist? Sage deiner Freundin höflich ab, dass du heute etwas Zeit für dich brauchst. Sie wird es verstehen und ihr könnt euer Treffen ja nächste Woche nachholen.