„Nichts ist leichter als Selbstbetrug, denn was ein Mensch wahr haben möchte, hält er auch für wahr.“
Demosthenes, 384 – 322 v. Chr.
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Feedback lauert überall. Wir geben ständig Feedback und empfangen welches. Unsere Vorfahren – genau die, die den Säbelzahntiger noch kannten – waren darauf angewiesen, Situationen schnell einzuschätzen: Fight or flight – kämpfen oder fliehen? Dieses Bewerten haben wir beibehalten – oft ungefragt, häufig nicht sonderlich qualifiziert, bei Kommentaren vergreifen sich viele im Ton, insbesondere in den Social Media. Dort besteht das Feedback zumeist aus Likes, Herzchen, Emojis aller Art, andernorts aus 1- bis 5-Sterne-Bewertungen. Auch Studierende und Auszubildende sind permanent auf dem Prüfstand über Vorträge, Klausuren, Hausarbeiten, Examina und nicht zuletzt mündliche Prüfungen. Für Menschen mit Prüfungsangst oder wenig Selbstbewusstsein gibt es dabei viele Vorstufen der Hölle.
Was ist Feedback in Studium und Beruf?
Feedback klingt wie die meisten Anglizismen modern. Doch wirklich neu ist es nicht. Lob, Anerkennung, Tadel und Kritik gab es schon immer. Brockhaus online definiert Feedback als „erkennbare Reaktion, aufgrund derer Entscheidungen für weiteres Vorgehen getroffen werden können“. Knackiger sind die synonymen Begriffe bei Duden online: RückkoppÂlung, Rückmeldung.
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Es geht letztlich um gewünschte Ergebnisse und/oder Verhaltensänderungen.
Der Nutzen
Feedback ist hilfreich, wenn es anÂdere Aspekte beleuchtet als die, die wir bedacht haben, einen blinden Fleck aufdeckt oder uns zeigt, wo oder wie wir noch besser werden können. Daneben gibt es fieses Feedback in den Varianten sachlich-fachlich, persönlich oder in Kombination. So etwas hallt viele Jahre nach und verunsichert uns. Zugleich verletzen wir andere bereits in der Schule oder im Studium mit unserem Feedback – sowohl mit dem spontanen als auch dem erbetenen, wenn wir z.B. als Studierende Nachhilfeschüler oder KommiliÂtonen korrigieren oder andere im Sportverein trainieren.
Das kleine 1 x 1 des Feedback-Gebens
Feedback ist schwierig für den, der es gibt, und den Empfänger. Beide profitieren davon, wenn sie grundlegende Dinge beachten und miteinander ins Gespräch kommen würden. Manche Feedback-Regeln sind so selbstverständlich, dass ihre Erwähnung die Intelligenz des Anwenders beleidigt. Feedback soll brauchbar sein. Was denn sonst? Dasselbe gilt für sachliche Richtigkeit. Alles andere wäre mit Ausnahme von Fehleinschätzungen böswillig.
Die 8 wichtigsten Regeln lauten:
- Verwendung von Ich-Botschaften ohne Vorwurf
- möglichst objektiv geschilderte Wahrnehmung
- klar formuliert
- angemessen und respektvoll
- zeitnah und bezogen auf die Situation
- am richtigen Ort
- möglichst im Vier-Augen-Gespräch
- je konkreter, desto besser
Der klassische Feedback-Prozess
- Setting: möglichst angenehme AtmosÂphäre plus positiver Auftakt
- Bericht über die eigene Wahrnehmung: Ich habe bemerkt, dass…
- Wirkung: Ich fühle mich damit gut/ davon irritiert. Ich habe die Sorge,…
- Wunsch: Ich würde mir wünschen…/ ich fände gut…
- Gesprächsangebot: Wie sehen Sie das?
Nehmt Feedback richtig an
Ein Experte für Führungs- und Unternehmenskultur behauptet, dass Mitarbeiter kein Feedback haben wollen, sondern ein bestimmtes Feedback, nämlich eines, das ihr Tun bestätigt. Das deckt sich mit meiner Erfahrung u. a. mit Studierenden und Seminarteilnehmern.
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Wir tun uns tatsächlich alle schwer mit Kritik, aber auch Lob. Bei Lob gilt: Bedankt Euch einfach. Ob und wie wir negatives Feedback annehmen, hängt von der Übermittlung ab. Wertschätzung und Respekt sind die Zauberworte, denn selbst die Poker-Face-Guys sind verletzlich. Dennoch sollten wir niemanden in Watte packen, wenn etwas unzureichend ist: Mist bleibt Mist. Allerdings beachte ich den asiatischen Grundsatz, dass keiner das Gesicht nicht verlieren darf, denn man sieht sich im Leben immer zweimal. Vielleicht kann der andere demnächst eines unserer Projekte behindern. Dabei verlieren beide. Das gilt es zu verhindern.
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- Lasst Feedbackgeber aussprechen.
- Es ist keine Schwäche, wenn Ihr Euch betroffen fühlt, sondern zeigt, dass Ihr die Dinge ernst nennt.
- Wer sich ungerecht behandelt fühlt, kommt schnell in den Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsmodus. Das schwächt. Atmet durch. Fragt nach, wenn Ihr etwas nicht versteht oder glaubt, der andere könnte Euch missverstanden haben. Rückfragen lassen manchen Knoten platzen.
- Euer Ego darf den Lernprozess nicht verhindern.
Feedback in digitalen Formaten sowie hinter Masken
Digitale Formate erweitern das AudiÂtorium, schränken jedoch die KommuniÂkation und das Urteilsvermögen ein: Wir sehen statt der Menschen Kacheln. Da WLAN-, Ton- und Bildqualität oft schlecht sind, ist die Atmosphäre schwerer einzuschätzen als im Analogen. Der Händedruck, der viel verrät, entfällt, wir riechen nicht den „Angstschweiß“ des Prüflings. Der digitale Eindruck ist reduzierte Realität.Â
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Auch der Mundschutz ist ein kommunikativer Hemmschuh: Er lässt nur die Augen- und Stirnpartie frei und verdeckt die übrige Mimik. Diese jedoch hilft uns, andere einzuschätzen. Ein kritisches Feedback wird mit einem aufmunternden Lächeln erträglicher, der Mundschutz verbirgt es ebenso wie die entsetzte oder erfreute Mimik der beurteilten Person. Das sollten wir bedenken.
Vergesst Feedback – bittet um Rat
Zwischen Rat oder Feedback besteht ein großer Unterschied. Viele fragen nach Feedback, um einen Input anderer zu erhalten, und bekommen Studien zufolge wenig, das ihre Performance insgesamt verbessert. Bitten Menschen hingegen um Rat, verändert sich der Fokus der Befragten von der isolierten Beurteilung des Status quo in Richtung zukünftige Entwicklung, ihre Kommentare sind wertvoller, da durchaus kritisch auf weiterfühÂrende Umsetzbarkeit gerichtet.
Zuletzt ein ketzerischer Gedanke
Bisweilen wäre es gut, dem Rat zu folgen: „Wenn Du nichts Positives sagen kannst, dann schweige.“ Manche leiten den Satz von den alten Römern ab, andere schreiben ihn Konfuzius zu. Wie auch immer – der Rat ist gut. Probiert es aus.