Der Pannen-Notfallkoffer
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Die schlechte Nachricht: Nach dem Gesetz von Murphy wird all das schief gehen, was schief gehen kann. Und deswegen kann selbst bei der bestmöglich vorbereiteten Rede einiges daneben gehen.
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Die gute Nachricht: Selten sind die Dinge, die bei einer Rede schief gehen können, wirklich lebensbedrohlich. Sie können sich also getrost entspannen und Ihre Energie, mit der Sie sich eben noch Sorgen machen wollten, in das Feintuning Ihrer Rede stecken.
Und wenn Sie die folgenden Beispiele verinnerlichen, sind Sie für die häufigsten Missgeschicken gewappnet.
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Das wichtigste: Bleiben Sie ruhig, wenn ein Problem auftaucht. Und versuchen Sie, das Problem zu lösen. Selbst wenn es nicht oder nicht auf Anhieb gelingt, wird Sie Ihr Publikum für Ihre Initiative schätzen. Und denken Sie daran: Der erste Schritt in Richtung Problemlösung ist oft die ans Publikum gerichtete Frage, ob jemand eine Idee hat. Sie gewinnen dadurch echte Sympathiepunkte und werden überrascht sein, wie gern Ihnen Ihre Zuhörer zur Seite stehen – und wie gern sie Ihnen danach weiter zuhören.
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Der Klassiker: Ein Blackout
Mir ist es schon passiert, der Bundeskanzlerin ist es schon passiert, Günther Jauch ist es auch schon passiert. Und ich kann Ihnen versichern: Es gibt wohl keinen Redner, der nicht schon einmal den Faden verloren hat.
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Die Aussicht auf einen eventuellen Blackout sollte Ihnen nicht den Schlaf rauben, denn es gibt einfache Möglichkeiten, ihn wirkungsvoll zu überspielen:
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1. Legen Sie eine Sprechpause ein
Atmen Sie kurz durch und machen Sie eine Sprechpause. Wenn Sie dabei ein Lächeln aufsetzen und die Pause nutzen, um Ihren Blick über das Ihr Publikum schweifen zu lassen, werden Ihre Zuhörer die Pause als souverän eingesetztes Stilmittel deuten. Übrigens: Eine Pause von bis zu 4 Sekunden (glauben Sie mir, das kommt Ihnen auf der Bühne als eine Ewigkeit vor) wird von Ihren Zuhörern als Denkpause und nicht etwa als ich-bin-aus-dem-Konzept-Pause wahrgenommen.
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2. Wiederholen Sie den letzten Punkt oder fassen
Sie das bisher Gesagte zusammen Ihre Zuhörer halten dies für eine bewusst platzierte Wiederholung, die dafür sorgen soll, dass jeder dem Vortrag folgen kann. So ist allen geholfen: Sie haben die Chance, diejenigen Punkte zu wiederholen, die Ihnen besonders am Herzen liegen (und können ganz nebenbei den Blackout überwinden) und das Publikum bekommt einen kurzen Gedächtnisauffrischer.
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3. Lassen Sie die Katze aus dem Sack und fragen
Sie "Wo war ich stehen geblieben?" Ich versichere Ihnen: Ihr Blackout ist nur für Sie selbst dramatisch. Ihr Publikum wird Ihnen auf Ihre Frage hin gern ein Stichwort geben, das Ihrem Gedächtnis wieder auf die Sprünge hilft.
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4. Gehen Sie einfach zum nächsten Thema über
Es gibt zwei mögliche Szenarien, wenn Sie einfach den nächsten Punkt ansprechen: Entweder merkt niemand, dass Ihr letzter Punkt noch nicht ganz abgeschlossen war oder man erinnert Sie mit einem kurzen Zwischenruf daran, was Sie noch sagen wollten. Schon haben Sie den Faden wieder.
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5. Bitten Sie Ihr Publikum um Rückmeldung
Mit der kurzen Frage „Haben Sie bis hierhin Fragen oder Anmerkungen?“ gewinnen Sie etwas Zeit und können Ihrem Publikum „beweisen“, dass Sie die Meinung Ihrer Zuhörer schätzen und auf deren Fragen eingehen möchten. Was kann ein Publikum mehr von einem Redner erwarten?
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Glücklicherweise kommt es selten vor, aber es kommt vor: Was, wenn die Technik Probleme macht?
Teufel Technik
Die Zeiten, wo ein Redner einfach redete, sind vorbei. Mittlerweile gehört zu fast jeder Rede ein gewisses Maß an technischer Ausstattung: Das Mikrofon, der Beamer für die Powerpoint-Präsentation oder der schlichtere Overhead-Projektor sind dabei wohl die gängigsten Hilfsmittel.
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Diese Hilfsmittel können in der Tat dabei helfen, Ihre Rede eindrucksvoller zu gestalten oder zu untermalen. Diese Hilfsmittel können jedoch auch versagen. Das Mikrofon weigert sich, Ihre Stimme zu verstärken, der Beamer zeigt hartnäckig das blaue Rechteck und nicht Ihre sorgfältig ausgearbeitete Präsentation.
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Bleiben Sie ruhig. Niemand erwartet, dass Sie plötzlich zum Techniker werden und die Ärmel hochkrempeln. In einem ersten Schritt können Sie Ihr Publikum fragen, ob sich jemand damit auskennt. Und wenn dies nicht der Fall ist, können Sie sich kurz entschuldigen und mit der Ankündigung, dass Sie nach Unterstützung fahnden werden, den Technikverantwortlichen des Veranstaltungsortes aufsuchen. In manchen Fällen wird dies der Hausmeister sein.
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Ihr Publikum kann Ihnen nicht helfen und der Hausmeister schon längst im Feierabend? Das kann passieren. Trotzdem: The show must go on! Halten Sie Ihre Rede „unplugged“. Ohne technische Hilfsmittel. Erklären Sie Grafiken oder skizzieren Sie das Wichtigste auf einer Flipchart. Und vor allem: Erinnern Sie sich daran, dass Ihr Publikum gekommen ist, um Sie reden zu hören. Nicht um Ihre Powerpoint-Präsentation zu sehen.
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Sie entdecken falsch geschriebene Worte in Ihren Präsentationsfolien und dem Arbeitsmaterial
Typisch. Beim zehnmaligen Korrekturgang sah alles per fekt aus, aber sobald Ihre Powerpoint-Präsentation 3-mal-2-Meter-groß auf die Wand projiziert ist, fällt Ihnen direkt der erste Tippfehler auf.
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Es ist ärgerlich, aber die meisten Zuhörer in Ihrem Publikum werden mit Ihnen sympathisieren können und nicht vermuten, es mit einem Analphabeten zu tun zu haben.
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Die amüsanteste Methode, mit Fehlern in der Präsentation und dem Arbeitsmaterial umzugehen, habe ich einmal bei einem Kollegen erlebt. Nachdem er die ersten Fehler entdeckt hatte, ist er in die Offensive gegangen und hat folgendes gesagt: „Um Ihre Aufmerksamkeit herauszufordern, habe ich in die Präsentation und in alle Unterlagen Fehler eingebaut. Schreiben Sie jeden Fehler mit seiner Fundstelle auf ein Extrablatt. Wer am Ende die meisten gefunden hat, gewinnt mein Buch.“
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Am Ende wusste er nicht nur, wo alle Fehler waren und konnte sie einfach korrigieren – er konnte auch sein Buch ein wenig promoten.
Auch wenn diese Möglichkeit für Sie nicht greift, hoffe ich doch, dass Sie in dieser humorvollen Art mit Ihren kleinen Missgeschicken umgehen lernen. Ein Blackout ist ebenso wenig das Ende der Welt, wie ein Beamer, der nicht gleich funktioniert. Und Ihr Publikum wird es zu schätzen wissen, wenn Sie mit einem Lächeln reagieren – selbst wenn Ihr erster Impuls ist, im Boden zu versinken.
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Katastrophen-Prävention
Es ist gut zu wissen, wie Sie mit kleinen Katastrophen souverän umgehen. Noch besser ist es jedoch, diese kleinen Katastrophen von vornherein zu vermeiden.
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Drei Tipps, die sich schon sehr oft bewährt haben:
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1. Nummerieren Sie Ihre Aufzeichnungen und Karteikarten!
Es passiert, dass Ihre Unterlagen durcheinander kommen. Wenn Sie alle Aufzeichnungen nummeriert haben, können Sie diese schnell und unauffällig wieder ordnen.
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2. Bringen Sie eine Extra-Glühlampe für Overhead-Projektor oder Beamer mit!
Ein kleiner Extra-Aufwand, der Ihnen ein unglaublich gutes Gefühl der Sicherheit geben wird und im Falle einer durchgebrannten Birne wirklich Gold wert ist.
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3. Seien Sie mindestens eine halbe Stunde vorher am Veranstaltungsort!
Gönnen Sie es sich, einmal durch den Saal zu laufen, sich auf’s Podium zu stellen und probehalber einmal in die hinteren Reihen Platz zu nehmen. Dies hilft Ihnen dabei, sich mit dem Ort Ihrer Rede vertraut zu machen, ihn sich „anzueignen“. Und natürlich haben Sie auf diese Weise die Möglichkeit, Ihr Equipment zu testen und sicherzustellen, dass beispielsweise ausreichend Stühle vorhanden sind.
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Was auch immer geschieht, versuchen Sie einfach folgende vier Punkte zu beachten:
1. Bleiben Sie souverän und selbstsicher
2. Seien Sie humorvoll, lachen oder lächeln Sie
3. Auch bei Pannen sympathisch bleiben
4. Machen Sie sich nicht durch schroffe oder aggressive Äußerungen über andere oder über Dinge unbeliebt
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Kommen Sie gut an!
Ihr
René Borbonus