Darf man Sushi mit
den Fingern essen?
Knigge im internationalen Business
Der Wunsch, durch sein Verhalten möglichst einen optimalen Eindruck zu hinterlassen, ist bei Berufsstartern und Young Professionals groß. Bereits im Vorstellungsgespräch oder Assessment Center soll die Top-Qualifikation durch einen makellosen Auftritt begleitet werden.
Knigge-Regeln
Wer das Thema auf die Kenntnis und Beachtung penibler Details und Etikette-Regeln verkürzt, tut Adolf Freiherr Knigge Unrecht. Dem Freiherrn kam es auf die innere Einstellung und die Bildung von gegenseitigem Vertrauen an. Heute würden wir von sozialer Kompetenz sprechen. Regeln über die Länge von Hemdsärmeln und die korrekte Anordnung von Besteck entsprechen nicht dem ursprünglichen Geiste Knigges. Letzteres dient höchstens der Vermeidung von Fettnäpfchen, ebnet aber noch nicht den Weg zum erfolgreichen Business-Kontakt.
Erfolgreiche Karrieren hängen in einer exportorientierten Wirtschaft wie der deutschen entscheidend von der Kenntnis und Beachtung internationaler Umgangsformen ab. Die Fähigkeit, sich anderen kulturellen Gegebenheiten anzupassen und so interkulturelle Kompetenz zu zeigen, ist sehr gefragt.
Deutsche Todsünden im Ausland
Mit Tagesordnung und Protokoll erzielen Deutsche im Ausland keine Pluspunkte. Vertrauen ist die Basis internationaler Geschäfte. Dies wird in Frankreich beim Weltkulturerbe Vier-Gänge-Menu aufgebaut, in Asien läuft ohne Kontaktaufbau durch die deutschen Außenhandelskammern gar nichts.
Herrschsucht und Kontrollwahn, Arroganz und Besserwisserei gehören nicht ins Gepäck einer Dienstreise. Im traditionellen England, das auf die Monarchie stolz ist, ist Zurückhaltung und Rücksicht geboten. Die Briten danken es mit einer ehrlichen Höflichkeit (please, sorry) und Dankbarkeit (thanks).
Zweideutigkeiten – insbesondere geschlechtsbezogene – sind nicht nur in den USA tödlich und stoßen weltweit auf absolutes Unverständnis. Das Verbot der Diskriminierung – auch in der Arbeitswelt – ist bezeichnenderweise eine EU-Norm, die erst im Nachgang in Deutschland umgesetzt wurde. Weibliche Kleidung soll international tendenziell „weniger Haut“ zeigen als in deutschen Büros oftmals üblich.
Vertrauen wird nicht mit Geiz erworben. Gastgeschenke signalisieren Aufmerksamkeit und sind im wahrsten Sinne Türöffner. Einen Satz wie „Heute zahlen wir das Geschäftsessen, morgen zahlen Sie!“ ist wenig vertrauenserweckend.
Japan und Sushi
Vertrauen, die Basis für internationalen Erfolg, ist gepaart mit Respekt. Das Gegenüber wird geehrt durch
Verbeugungen und durch einen achtsamen Umgang mit der Visitenkarte. Der Andere darf auf keinen Fall „sein Gesicht verlieren“. Ein direktes Nein würde den Anderen bloßstellen. Deshalb kennt die japanische Sprache 900 Variationen des Neins.
Wer die goldene Regel „Lerne den Ton der Gesellschaft anzunehmen, in der du dich befindest“ von Adolph Freiherr von Knigge selbst beherzigt, wird sich an jedem Ort zurechtfinden.
Und Sushi darf man auch mit den Fingern essen.