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Ein Karrieretipp von Dr. Stefanie Engeroff, Lesedauer: ca. 3 ½ Minuten

Online Stilberatung – ein Selbstversuch

Online Stilberatung – ein Selbstversuch

 

Jeder kennt Anlässe, in denen der erste Eindruck existenziell ist – Mündliche Prüfung, erster Tag im neuen Job, Abschlussball… Es gilt erstens die Dresscodes zu kennen, und zweitens ein Outfit zu kreieren, das zu Situation so gut passt wie zum eigenen Style. Was aber tun, wenn der Kleiderschrank nicht die benötigte Ausstattung hergibt? Neue Klamotten kaufen ist nur eine Option, wenn man weiß, was gefragt ist. Der Perfektionist geht’s professionell an und lässt sich beraten.

 

Die Google Suche nach „Stilberater Frankfurt“ ergibt 75.500 Treffer in 0,3 Sekunden. Das ist eine Menge; ein unübersicht­licher Markt, in dem es kaum einfacher ist den „Richtigen“ zu finden als auf der Singlebörse. Das muss doch irgendwie einfacher gehen. Genau: online. Wann ich das letzte Mal Klamotten im Laden anprobiert und gekauft habe, weiß ich nicht mehr. Entweder mein Gedächtnis ist miserabel, oder es ist ganz schön lang her. Shirts, Shorts, Schuhe, alles online bestellt. Da liegt es doch nahe, sich in Outfit-Fragen auch online beraten zu lassen. Aber kann das wirklich gut gehen? Ein Selbstversuch.

 

Der Anfang ist viel versprechend. Ich werde aufgefordert, eine Art digitale Sedcard anzulegen, ähnlich wie bei einer Model-Agentur. Also lade ich – wie empfohlen – ein Portraitfoto hoch, auf dem meine Persönlichkeit einigermaßen rüberkommt und finde ein geeignetes Ganzkörperfoto. Alter, Größe und Maße gebe ich wahrheitsgemäß an; für Brust-, Hüft- und Hals-Umfang nehme ich ein Maßband zur Hand, meine Schuhgröße weiß ich auswendig. Dann werde ich nach dem Anlass für die Stilberatung gefragt – will ich meinen Kleiderschrank tunen, brauche ich selbst ein Make-over, gibt es einen konkreten Anlass? Ich entscheide mich für ein bevorstehendes Ereignis, für das ich tatsächlich ein professionelles Outfit brauche: Vorstellung eines Projekts vor einem potenziellen Drittmittel-Geber.

 

Die Google Suche nach „Stilberater Frankfurt“ ergibt 75.500 Treffer in 0,3 Sekunden. Das ist eine Menge; ein unübersicht­licher Markt, in dem es kaum einfacher ist den „Richtigen“ zu finden als auf der Singlebörse. Es ist geschafft. Gute zwei Stunden Arbeit, bis ich komplett vermessen bin und alles ausgefüllt ist. Den Anruf meiner persönlichen Stilberaterin vereinbare ich für den folgenden Tag. Zu Beginn des Telefonats bemerkt die Stilberaterin, dass ich meine Konfektionsgröße mit 38 angegeben habe, ob mir denn das denn so im Allgemeinen auch passen würde. Die Frage irritiert mich, denn warum sollte ich meine Größe mit 38 angeben, wenn mir Klamotten in dieser Größe nicht passen? Weiter zitiert die Stilberaterin meine Abneigung gegen Strass, Rüschen und Schulterpolster. Sie versichert mir, dass sie sich dergleichen für mich auch gar nicht vorgestellt habe, ich bin erleichtert. Wie es denn mit Mustern aussähe, floralen Mustern beispielsweise, fragt sie jetzt. Ich bekomme Angst. Blumen habe ich schlicht vergessen auf meiner Liste der Dinge, die gar nicht gehen. Das hat sich die Stilberaterin aber schon gedacht. Ich atme auf. Ob denn graphische Muster infrage kämen. Ich stelle mir so eine Art Bauhaus-Design vor, bin leicht befremdet, will aber graphische Muster nicht grundsätzlich ausschließen. Die Stilberaterin versteht genau, was ich meine. Sagt sie. Wir sind dann eigentlich fertig, jedenfalls scheint es keine neuen Fragen mehr zu geben. Umso mehr fühle ich mich verpflichtet etwas zu sagen, als die Stilberaterin mich fragt, ob es noch etwas gäbe, das mir wichtig sei. Ich sage der Stilberaterin, dass ich in manchen Kleidern aussehe, wie ein Preisboxer. Vielleicht war das der entscheidende Punkt, mit dem ich ihr einen komplett falschen Eindruck vermittelt habe. Preisboxer. Wie bin ich denn darauf gekommen. Aber zu spät. Mein Beratungsgespräch ist vorbei. Ich bekomme ein Überraschungspaket für die nächsten Tage versprochen und freue mich unbändig.

 

Und dann ist es da. Ich kann es kaum erwarten, öffne hektisch das Paket, finde diverse in dünnes Papier eingeschlagene Kleidungsstücke und einen Schuhkarton darin, öffne das erste Papier – und erstarre. Eine dunkelblaue Strickjacke? Nicht genau, was ich mir unter einem Business Outfit vorstelle. Ich lege das Teil zur Seite und nehme mich, schon vorsichtiger, des nächsten Stücks an. Ein Strandkleid? Könnte sein. Ein pinkfarbenes Ungetüm in Lagen, irgendetwas Knittriges zwischen Sack und Zelt - eines von diesen Teilen, die man am Strand schnell über den Bikini zieht, wenn man sich ein Eis holen möchte. Dazu die Strickjacke? Ich muss lachen. In meiner Überraschungskiste finde ich noch zwei weitere Kleider – ein Etuikleid in satinglänzendem Mint, irgendwie adrett, ich stelle mir eine Frau um die 70 vor, die sicher sehr jugendlich darin aussehen würde; dann eine Art Kittelschürze mit einem eingearbeiteten blau-weiß-gestreiften Gürtel. Zu keinem der drei Kleider kann ich mir die Jacke vorstellen. Aber ein Päckchen habe ich ja noch – siehe da, eine weitere Strickjacke, Beige. Und irgendwie schön. Nicht ganz mein Geschmack (mit den verspielten Designs habe ich es nicht so), aber zu einer abgetragenen Jeans, vielleicht mit Feinripp – doch, schön. Aber eben nicht für eine Präsentation bei einem international tätigen Konzern und schon gar nicht zu einem der drei Kleider. Ich bin zunehmend verzweifelt, will aber so schnell nicht aufgeben und ziehe das mintfarbene Kleid an. Warum nur habe ich es in Größe 40 erhalten? Das Kleid fühlt sich angenehm auf der Haut an und hat – auf eine altbackene Art – einen schönen Schnitt. Der verläuft leicht asynchron zu meiner Form – klar, ist halt zu groß. Während ich versuche, das zu ignorieren, wage ich einen Blick in den Schuhkarton. Nicht zu fassen: schwarze Pumps von einem Gesundheitsschuh-Hersteller.

 

Ich resigniere. Ich falte die Klamotten zusammen, lege die Papierfetzen um die Stoffteile, packe alles wieder in die Kiste und fülle das Retouren-Formular aus. Da ist es wohl angesagt – unübersichtlicher Markt hin oder her – sich einen Überblick über die echten High-Performer der Branche zu verschaffen.

Dr. Stefanie Engeroff


Outfit

Wie kleide ich mich zum Vorstellungsgespräch? Kann man eine Krawatte zum Button Down Hemd tragen? Ist eine ärmellose Bluse im Business unpassend?

Unpassende Kleidung spricht Bände, egal in welcher Position - Sabrina Wachtel ist absolute Expertin auf dem Gebiet Outfit und gibt den campushunter Lesern wertvolle Tipps zum Thema - der wichtigste: Kleide Dich immer für die Position die Du erreichen möchtest - nicht für die die Du schon hast. Neben Sabina Wachtel kommen aber auch andere Experten wie Etikette Trainerin Nandine Meyden zum Thema Outfit zu Wort.

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